Honorar:Staatsanwaltschaft ermittelt gegen CSU-Landtagsabgeordneten Bernhard

Otmar Bernhard, 2009

Der CSU-Politiker Otmar Bernhard kassierte hohe Beraterhonorare von der Augustinum Service GmbH (hier 2009 bei Bezirksparteitag).

(Foto: Robert Haas)
  • CSU-Politiker Otmar Bernhard kassierte jahrelang Honorare vom kirchennahen Augustinum, insgesamt 214 200 Euro. Dabei ist unklar, ob er überhaupt für den Sozialkonzern tätig war.
  • Der Konzern fordert nun das Geld zurück.
  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Von Klaus Ott

Die Rechnung, die der Münchner Rechtsanwalt Otmar Bernhard am 18. März 2009 der Augustinum Service GmbH (ASG) stellte, war kurz und teuer. "Wegen allgemeiner Beratung" erlaube sich seine Kanzlei, schrieb der Jurist, ein Pauschalhonorar von 9000 Euro für die Monate Januar und März 2009 geltend zu machen. Plus Umsatzsteuer, also insgesamt 10 710 Euro.

Fünf Jahre lang hat der Anwalt Bernhard solche oder ähnliche Schreiben an die ASG geschickt. Die ASG ist eine Tochtergesellschaft des gemeinnützigen und kirchennahen Sozialkonzerns Augustinum, der Sanatorien, Schulen, Behinderten-Heime und Senioren-Stifte betreibt. 20 Rechnungen, 20-mal 10 710 Euro, das macht 214 200 Euro; viel Geld für nicht näher beschriebene Leistungen. Erst recht, wenn das Honorar von einem christlich geprägten Unternehmen kommt, das sich um jene kümmert, die Heime und Hilfe brauchen. Da zählt jeder Cent.

Die 214 200 Euro könnten jetzt, im Nachhinein, zum Politikum werden. Denn Bernhard, CSU-Abgeordneter im Landtag, Ex-Umweltminister, früher Bezirkschef und heute Ehrenvorsitzender der Münchner Christsozialen, soll entweder gar nicht oder zumindest nicht im abgerechneten Umfang für den Sozialkonzern tätig gewesen sein. Diesem Verdacht geht die Münchner Staatsanwaltschaft nach, die gegen Bernhard ermittelt. Die Strafverfolger hatten dazu im Herbst die Erlaubnis des Landtags eingeholt, da Abgeordnete normalerweise Immunität genießen.

Ein CSU-Politiker, der sich bei einem kirchennahen Sozialkonzern bedient?

Die Staatsanwaltschaft war im Sommer vom Augustinum eingeschaltet worden. Es gebe bei Bernhards angeblichem Einsatz für den Sozialkonzern viele "Auffälligkeiten", hatte die Anwaltskanzlei CMS Hasche Siegle geschrieben, die das Augustinum vertritt. Es sei davon auszugehen, dass keine Beratung durch Bernhard erfolgt sei. CMS fordert im Auftrag des Augustinums das Geld zurück. Bernhard lehnt das offenbar ab. Ein CSU-Politiker, der sich bei einem kirchennahen Sozialkonzern bedient hätte, das wäre eine neue Affäre in der Regierungspartei. Es könnte aber auch sein, dass der Verdacht falsch ist.

Bernhard weist dem Vernehmen nach die Vorwürfe zurück und kooperiert, das Ergebnis der Untersuchung bleibt abzuwarten. Die Strafverfolger ermitteln gegen den CSU-Abgeordneten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Hätte die Augustinum-Tochter ASG die 214 200 Euro ohne ausreichende oder gar ohne jegliche Gegenleistungen gezahlt, dann hätte der Sozialkonzern die Honorare nicht als Betriebskosten beim Fiskus geltend machen dürfen. Das wäre dann Steuerhinterziehung gewesen, zu der Bernhard beigetragen hätte. Sollte sich das bestätigen, dann könnte es noch um weitere Delikte gehen.

Auslöser des Verfahrens gegen Bernhard war ein Wirtschaftskrimi um dubiose Immobiliendeals mit zahlreichen Seniorenstiften des Augustinums. Dem Sozialkonzern ist bei diesen Deals in Höhe von mehr als 700 Millionen Euro bislang ein Schaden von knapp 33 Millionen Euro entstanden. Mit diesem Kriminalfall hat Bernhard, 69, nach dem Stand der Dinge nichts zu tun. Aber bei internen Untersuchungen dazu im Augustinum waren auch seine Rechnungen gefunden und geprüft worden. Die für den Sozialkonzern tätige Kanzlei CMS kam zu der vorläufigen Einschätzung, seine Honorare seien "grundlos" gezahlt worden.

Was Bernhard zu dem Fall sagt

Der CSU-Abgeordnete und Jurist äußert sich wegen seines Anwaltsgeheimnisses nicht zu dem Fall. Aus Ermittlungsunterlagen geht hervor, dass Bernhard umfangreiche Beratungsdienste für das Augustinum erbracht haben will und sich im Recht sieht. Bernhards Ansprechpartner im Augustinum war der damalige Chef Kurt Wilkin, der zugleich die Tochterfirma ASG leitete, die so großzügig zahlte.

Wilkin ist einer der Hauptbeschuldigten bei der Staatsanwaltschaft in einem großen Verfahren wegen der Immobiliendeals, das sich teils um Betrug, teils um Untreue oder Korruption dreht. Wilkin wurde 2014 vom Augustinum entlassen, saß in Untersuchungshaft, streitet aber alle Vorwürfe ab. Er war derjenige, der sich von Bernhard angeblich beraten ließ, vor allem bei Treffen in nicht immer billigen Restaurants. Als Wilkin weg war beim Augustinum, endete auch Bernhards lukrativer Auftrag.

Ob der CSU-Politiker einfach nur dem falschen Mann vertraut hat oder ob er sich hat großzügig aushalten lassen, das muss sich noch zeigen. Schön ist das alles jedenfalls nicht für den CSU-Abgeordneten und seine Partei.

Angefangen hat die so ertragreiche Beziehung zum Augustinum und zu Wilkin für Bernhard just dann, als seine Karriere einen Knick bekommen hatte. Der Finanzexperte sitzt seit 1990 für den Münchner Westen im Landtag, 2005 wurde er Staatssekretär im Umweltressort und 2007 dort sogar Minister. Aber nur bis zum Herbst 2008. Nach dem CSU-Desaster bei der Landtagswahl musste Bernhard das Kabinett verlassen. Kurz darauf folgte der Beratungsauftrag für den Augustinum-Konzern, der über die Tochtergesellschaft ASG abgewickelt wurde. Die kümmert sich vor allem um die Versorgung der konzerneigenen Heime und Stifte mit Speisen.

Bei welchen Themen Bernhard beraten haben will

Warum die kleine ASG zahlte und nicht die große Konzernmutter, ist schleierhaft. Möglicherweise sollten Bernhards Honorare im Augustinum nicht weiter auffallen. Licht ins Dunkel bringen könnte vor allem Wilkin, doch der äußert sich nicht dazu. Bernhard jedenfalls will das Augustinum bei vielen Themen beraten haben: Pflege- und Heimrecht, Schulen, Fachkräftemangel, Migrationsrecht, Energierecht, Stiftsklinik, Markt für Seniorenstiftung, Förderung der Altenbetreuung, Rechtsentwicklungen und so weiter. Abgerundet worden sei das Beratungsverhältnis durch einen "kontinuierlichen Austausch" über allgemeine Entwicklungen beim Augustinum. Das ließ Bernhard Mitte des Jahres die Anwaltskanzlei des Sozialkonzerns wissen, die CMS, nachdem die üppigen Honorarrechnungen aufgefallen waren.

Merkwürdig nur: Pflege- und Heimrecht, Senioren, Migration, also einiges von dem, was Bernhard als Beratung geleistet haben will, ist auf seiner Anwalts-Internetseite gar nicht als sein Rechtsgebiet genannt. Dort sind etwa Energie, Umwelt und Bau erwähnt. Bernhards Leistungsverzeichnis für das Augustinum überzeugte die CMS jedenfalls nicht. Die Kanzlei rügte im Juli in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft, in dieser Auflistung werde in keiner Weise näher erläutert, zu welchen konkreten Fragen und in welchem Umfang welche Beratungsleistung erbracht worden sei. Bernhard sei offenbar zu einem "geordneten Bild" über seine Tätigkeit nicht in der Lage.

Auf weitergehende Informationen von dem Anwalt und CSU-Politiker wartet das Augustinum nach eigenen Angaben bislang vergeblich. "Bis heute haben wir keine Aufklärung erhalten", weder von Bernhard, noch von Wilkin, teilte der gemeinnützige Sozialkonzern auf Anfrage mit.

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