Heimatstrategie:Umzug des Gesundheitsministeriums überraschte selbst die Ministerin

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Melanie Huml soll mit ihrem Ministerium umziehen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Verlagerung von München nach Nürnberg betrifft 250 Mitarbeiter. Die Stimmung ist gedrückt.

Von Dietrich Mittler, München

Was war das für ein schöner Tag im September 2014, als das Gesundheits- und Pflegeministerium seinen neuen Dienstsitz am Haidenauplatz in unmittelbarer Nähe zum Münchner Ostbahnhof einweihte. Neben kirchlichen Würdenträgern war auch Ministerpräsident Horst Seehofer gekommen und hielt eine launige Ansprache. Die gut 250 Mitarbeiter des Ministeriums wurden im Rahmen eines Betriebsausflugs durch ihr neues Viertel geführt.

"Und die Stimmung war einfach Klasse", sagt die Personalratsvorsitzende Petra Rück-Wallenberger. Nun aber sei die Stimmung "im Keller". Viele Kollegen hatten es am vergangenen Samstag aus dem Radio erfahren, dass ihre ganze bisherige Lebensplanung auf den Kopf gestellt wird: Ihr Ministerium soll nach Nürnberg umziehen, so beschlossen auf der Kabinettsklausur in St. Quirin.

"Vor zwei Jahren, da waren unsere Leute froh und glücklich - stolz auf dieses neue Haus. Und jetzt so was", sagt Petra Rück-Wallenberger. "Das macht einen ganz fertig", diesen Satz hat sie inzwischen oft gehört. Viele der Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Begeisterung in das neue Ministerium eingearbeitet hatten, seien nun erschüttert, sagt Rück-Wallenberger. Auf Melanie Huml, die Ministerin, lässt sie aber nichts kommen: "Ich möchte ganz klar betonen, dass sie nichts dafür konnte", sagt sie.

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Getroffen hat es mit dem Gesundheits- und Pflegeministerium ein Haus, das erst im Herbst 2013 neu strukturiert worden war, herausgelöst aus dem damaligen Verbund mit dem Umweltministerium. Es hätte nun durchaus aber auch andere Ressorts treffen können. "In den zurückliegenden Monaten hatte Ministerpräsident Horst Seehofer zwei, drei Mal angedeutet, man könnte sich vorstellen, ein Ministerium zu verlagern", heißt es aus dem Kabinett. Dabei seien gleich mehrere Häuser ins Spiel gebracht worden: "Es wurden auch das Umwelt-, das Innen- und das Kultusministerium genannt."

Letztlich fiel der Ministerratsbeschluss in St. Quirin aber auf das jüngste der neun Ministerien, das - wie bereits sein Haushaltsvolumen verrät - nicht zu den stärksten Ressorts zählt. Die betroffene Ministerin wurde davon offenbar selbst überrascht. "Der Beschluss wurde erst Samstagfrüh gefasst", sagt sie. Kurz darauf schickte Huml eine Rundmail an alle ihre Mitarbeiter. In St. Quirin seien Behördenverlagerungen beschlossen worden. "Auch wir sind betroffen", schrieb sie. Das Ministerium werde "sukzessive nach Nürnberg verlagert", und sie sei beauftragt worden, ein Konzept zu erstellen.

Mail an die Angestellten

In dieser Mail appellierte Melanie Huml an die Belegschaft, Mut und Zuversicht zu bewahren und das Ganze "gemeinsam als Chance zu begreifen und an bestmöglichen Konzepten für die kommende Zeit zu arbeiten". Aber es fielen auch andere Worte: "Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe vollstes Verständnis, dass die meisten von Ihnen bestürzt auf diese Nachricht reagieren werden; haben wir doch alle eine Lebensplanung und Wünsche für die Zukunft, die auch ohne so unerwartete und starke externe Einflüsse auskämen."

Huml wäre aber nicht sie selbst, würde sie jetzt nicht kämpfen - auf eine sehr stille Weise. "Ja, es war ein Kraftakt, dass wir in zwei, drei Jahren ein neues Ministerium aufbauen mussten. Und nun folgt ein weiterer Kraftakt", sagt sie. Ihr Ziel sei nun, in diesem Jahr gemeinsam mit den Mitarbeitern das Umzugskonzept zu erarbeiten, um so soziale Härten zu vermeiden, um flexible Arbeitsmöglichkeiten zu durchdenken - Telearbeit und Homeoffice inklusive. Es sei ja auch eine Chance, das modernst aufgestellte Ministerium zu werden.

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Spricht man indes mit der Grünen-Haushaltsexpertin Claudia Stamm, so sieht diese zunächst einmal neue Hürden, die da Melanie Huml und ihrem Haus in den Weg gestellt werden. "Behördenverlagerungen können sehr sinnvoll sein", sagt Stamm, aber warum bitte habe man das neue Gesundheits- und Pflegeministerium nicht gleich in Franken angesiedelt? "Wenn jetzt ein so frisches, gerade erst zugeschnittenes Ministerium erneut umziehen muss, dann wird es meiner Meinung nach wieder eine Zeit lang arbeitsunfähig gemacht", sagt Stamm.

Auch Huml weiß um die Härten: "Es wird ein Spagat werden, in der Umzugszeit mit derselben Energie und Motivation ein Ministerium leistungsfähig zu erhalten. Das darf man nicht unterschätzen", sagt sie. Schon im kommenden Jahr sollen die ersten Mitarbeiter in Nürnberg sein. Huml geht davon aus, dass sie - wie in der "Heimatstrategie" für Behördenverlagerungen festgelegt - für den Umzug ihres Hauses ebenfalls einen längeren Zeitrahmen, also bis 2025, bekommt.

"Ich würde mich freuen, wenn ich möglichst viele meiner bisherigen Mitarbeiter auch weiterhin an meiner Seite hätte", sagt sie. Der Satz einer engen Mitarbeiterin stimme sie optimistisch. Die sagte laut Huml: "Ich bin einmal mit Ihnen mitgegangen, ich werde auch jetzt an Ihrer Seite sein."

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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