Geht es um die Haushaltspolitik des Freistaats, sind sich SPD und Grüne selten einig. Die Sozialdemokraten haben - vereinfacht gesprochen - weniger Scheu als die Grünen, Geld auszugeben. Doch in einem Punkt denken beide völlig gleich: Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) täusche in großem Stil Bayerns Bürger.
Vor der Bundestagswahl sei er mit seinen unhaltbaren Versprechungen, die Steuern zu senken, auf "plumpem Wählerfang", kritisierte SPD-Fraktionschef Franz Maget am Donnerstag. Wer niedrigere Steuern verspreche, müsse auch sagen, dass dann entweder radikal gespart oder neue Schulden aufgenommen werden müssten.
Ähnlich hört sich der Grünen-Haushaltspolitiker Thomas Mütze an. Er fordert wie Maget, Fahrenschon solle endlich Farbe bekennen und einen Nachtragsetat für 2010 vorlegen. Dann nämlich könnten alle nachlesen, was der Minister plane.
Fahrenschon denkt nicht daran
Der aber denkt bislang nicht daran. Seit Mai hat er ein ums andere Mal gesagt: Erst wenn im November die Steuerschätzer des Bundes ihre aktualisierten Prognosen vorlegten, könne er seriöse Aussagen für 2010 treffen. Mütze hält dem entgegen: Gehe es um die von der CSU versprochenen Steuersenkungen, verkünde Fahrenschon allerorten, diese seien finanzierbar. Gehe es um die konkreten Auswirkungen auf Bayern, sage er plötzlich, er könne die Einnahmen nicht prognostizieren.
Maget spricht vom Kalkül, die Vorlage eines Nachtragshaushalts bewusst bis nach der Wahl hinauszuzögern: "Entweder sie wissen nicht, was sie tun sollen - oder sie wissen es, wollen es aber vor der Bundestagswahl nicht sagen."
Nun war es zwar in den vergangenen Jahren durchaus Usus, dass die Regierung für ihren Etatentwurf die November-Steuerschätzung abgewartet hat. Doch hat sie bislang auch nicht den Hauch einer Antwort gegeben, wie sie in den kommenden Jahren ihre Ausgaben finanzieren will. 2010 fehlen, so die Steuerprognose vom Mai, wegen der Wirtschaftskrise 1,5 Milliarden Euro. Rücklagen, um diese Lücke zu schließen, hat Fahrenschon dann aber wahrscheinlich keine mehr.
Denn die letzten Reserven wird er vermutlich schon heuer verbraten. Für 2009 wurde ihm im Mai ein Haushaltsloch von 750Millionen Euro vorhergesagt. Das will er mit strikter Ausgabendisziplin und Rücklagen decken. Die Vermutung der Grünen, die laufenden Steuereinnahmen seien derzeit so schlecht, dass an Silvester mehr als jene 750 Millionen Euro in der Kasse fehlen, weist sein Sprecher indes zurück: "Wir sind im Plan."
Für 2010 bleiben der Staatsregierung nur vier Optionen: auf ein Wunder zu hoffen; das letzte staatliche Tafelsilbers, die Eon-Aktien, zu verkaufen, die wegen schlechter Kurse derzeit aber nur 800 Millionen Euro wert sind; die Ausgaben radikal zu kürzen; oder aber wieder Schulden zu machen. Angesichts der Neigung von Ministerpräsident Horst Seehofer zum wählergewogenen Verhalten rechnen selbst in der CSU viele damit, dass die vierte Option die wahrscheinlichste ist - Schulden machen tut weniger weh, als Zuschusskürzungen verteidigen.
Noch viel schlimmer wird die Lage in den Jahren danach: Laut Fahrenschons Finanzplan klafft 2011 und 2012 im Staatsetat schon jetzt ein Loch von jeweils mehr als einer Milliarde Euro. Keiner weiß, wie das gefüllt werden soll. Und die Steuerausfälle infolge der Wirtschaftskrise sind dabei noch ebenso wenig berücksichtigt wie die Auswirkungen von Steuersenkungen, sollte die CSU diese im Bund durchsetzen.