Prozess in Traunstein:Lebenslang nach Giftmord an Vater

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Im Fokus: Eine 55-jährige Frau wurde vom Landgericht Traunstein zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie soll ihren Vater mit dessen Leibspeise vergiftet haben. (Foto: Uwe Lein/dpa)

Die 55-jährige Tochter eines pflegebedürftigen Mannes wird wegen Mordes verurteilt. Auch die Enkelin muss für mehrere Jahre ins Gefängnis. Auslöser der Tat war die Wohnsituation der Familie.

Das Landgericht Traunstein hat eine 55-jährige Frau wegen Mordes an ihrem Vater zu lebenslanger Haft verurteilt. Die 30 Jahre alte Tochter der Hauptangeklagten und Enkelin des Opfers muss laut dem Urteil vom Mittwochnachmittag wegen versuchten Mordes durch Unterlassen für vier Jahre ins Gefängnis, weil sie die Tat ihrer Mutter deckte, statt Hilfe zu holen.

Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass die 55-Jährige ihrem pflegebedürftigen Vater im Sommer vergangenen Jahres sein Leibgericht, ein saures Lüngerl, zubereitet und ihm dabei eine tödliche Dosis an Medikamenten ins Essen gemischt hat. Als Motiv nahm die Kammer nicht Habgier an wie die Staatsanwaltschaft, sondern den Wunsch, die offenbar vielfältig überforderte und zerrüttete Familie zusammenzuhalten und zu schützen. Zuvor soll der 75-Jährige den beiden Frauen mitgeteilt haben, dass die Enkelin und deren Familie aus seinem Haus im oberbayerischen Töging ausziehen müssten. "Ihr Ziel war der Schutz der Familie", sagte der Vorsitzende Richter über den Hintergrund der Tat.

Der Staatsanwalt hatte von einem "fast perfekten Mord" gesprochen. Erst andere Angehörige erstatteten Anzeige, weil sie den Verdacht hatten, der 75-Jährige könnte ermordet worden sein. Die Enkelin hatte sich wegen ihres schlechten Gewissens Familienmitgliedern anvertraut. Die bereits Wochen zuvor beigesetzte Leiche wurde exhumiert, Fachleute fanden größere Mengen des Gifts. Er hatte sich zu Lebzeiten eine Erdbestattung gewünscht, weshalb die Tochter nach der Tat vergebens auf eine Feuerbestattung drang.

Die Enkelin hatte die Tat im Lauf des wochenlangen Prozesses zumindest teilweise gestanden. Für sie hatte der Staatsanwalt sieben Jahre Haft gefordert, während die Verteidiger sechs Monate auf Bewährung verlangt hatten. Die Anwälte ihrer Mutter hatten auf Freispruch plädiert, weil die Vorwürfe gegen ihre Mandantin im Prozess nicht bewiesen worden seien. Sie kündigten an, das Urteil anfechten zu wollen.

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