Nach dem Fasching:Detox, Minimalismus, Fasten

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Am Aschermittwoch beginnt für Christen die Fastenzeit, die als Vorbereitung auf Ostern dient. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Am Aschermittwoch beginnt für Christinnen und Christen die Fastenzeit. Doch der bewusste Verzicht, der heutzutage oft aktuellen Trends folgt, ist längst auch außerhalb der Religion ein Thema.

Aufs Smartphone verzichten, auf Schokolade, auf Kaffee, auf Alkohol? Nur noch zu bestimmten Zeiten essen? Nicht mehr shoppen und stattdessen den Schrank entrümpeln? Das alles nennt sich Detox, Minimalismus - oder auch Fasten. In der säkularen Welt funktioniert das inzwischen prima ohne die Religion. Oder doch nicht?

Eigentlich hätten diese ganzen modernen Trends von der Religion gelernt, sagt dazu der designierte Bamberger Erzbischof Herwig Gössl. "Das ist an sich ein schönes Zeichen. Denn das Fasten ist ein religiöser Akt." Die Menschen früher hätten nicht gefastet, um etwa Übergewicht zu bekämpfen. "Es ging darum, den Geist zu befreien, auch von belastenden Dingen, die einen von den wesentlichen Fragen des Lebens ablenken. Und das ist heute genauso aktuell wie früher. Also ich sehe das Fasten als etwas Religiöses an."

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Fastenzeiten gebe es in allen großen Religionen, sagt Gabriela Grunden, Leiterin der Abteilung Spiritualität und Geistliche Begleitung im Ordinariat des Erzbistums München-Freising. "Die Fastenzeit hat den Sinn, Körper und Seele wieder zu erfrischen, sich auf Gott auszurichten, den eigenen Lebensstil zu überdenken und gegebenenfalls zu korrigieren."

Fasten- und Entschlackungsangebote seien aber auch im nicht-religiösen Kontext gefragt, betont Grunden: "Detox ist ein Hype. Offenbar gibt es ein tiefes Bedürfnis, mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen. Dazu gehört auch, achtsamer mit sich selbst und anderen umzugehen. Sich selbst wieder zu spüren und sich von allem Überflüssigen zu lösen und Körper und Seele etwas Gutes zu tun."

Michael Wolf, Referent für Kirchen- und Gemeindeentwicklung im Landeskirchenamt der evangelischen Landeskirche, sagt: "Fastenzeiten können heilsame Unterbrechungen des Alltags sein." Die spirituelle Dimension von Fasten sei anschlussfähig an gesellschaftliche Trends. "In der Gesellschaft spüren wir eine große Sehnsucht nach Tiefe und Spiritualität. Und hier kann die Fastenzeit einen Anlass und einen Rahmen bieten. Und die Traditionen und Erfahrungen aus der christlichen Tradition im Bereich Fasten können neuen Fastentrends Tiefe und Weite bieten."

Zur Fastenzeit gibt es inzwischen Apps, Podcasts und andere Social-Media-Angebote

Längst haben evangelische und katholische Kirche selbst moderne Angebote in der Fastenzeit parat. Bereits etabliert ist die Aktion "7 Wochen ohne ..." der evangelischen Kirche, bei der es heuer unter dem Motto "7 Wochen ohne Alleingänge" um mehr Miteinander gehen soll. "Hier werden auch gesellschaftliche Entwicklungen und Bedarfe aufgenommen", sagt Wolf.

"Es gibt tolle neue Möglichkeiten, die Fastenzeit zu gestalten", betont auch Grunden - und nennt als Beispiele Apps, Podcasts oder andere Social-Media-Angebote. "Damit erreichen wir ein breites Spektrum von Menschen."

Angeboten werden in diesem Jahr auch wieder die ökumenischen Alltagsexerzitien des Erzbistums Bamberg und des evangelischen Kirchenkreises Bayreuth. Längst wird das Angebot in ganz Deutschland genutzt: Zum Thema "Beziehungsweise" gibt es Präsenzgruppen, aber auch Online-Exerzitien sind möglich mit Impulsen per E-Mail und dem Online-Austausch mit geistlichen Begleitern. Eine Online-Gruppe richtet sich speziell an Paare.

Nach dem Fasching läutet der Aschermittwoch die Fastenzeit ein, die 40 Tage dauert - Sonntage sind ausgenommen. Dann folgt Ostern. Die Kirchen orientieren sich an der biblischen Geschichte, nach der Jesus selbst 40 Tage in die Wüste ging und fastete. Am Aschermittwoch wird in den katholischen Kirchen traditionell das Aschenkreuz aufgelegt - und dabei werden diese Bibelworte gesprochen: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" aus dem Markus-Evangelium oder "Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst" aus dem Buch Genesis.

"Die Fastenzeit setzt da an, wo Veränderung beginnt, bei uns selbst. Bei sich selbst anfangen, aber nicht bei sich selbst enden", sagt Grunden. "Es geht ja nicht nur darum, dass ich mich besser fühle, sondern dass ich die anderen besser spüre und wahrnehme. Diese Zeit kann zum Impuls werden, mich mehr für andere einzusetzen und den Mund aufzumachen, wo Menschen, Tiere und die Mitwelt bedroht und missbraucht werden. Aufwachen und zurückfinden zu dem, was dem Leben Sinn und Tiefe gibt, Freude und Lust auf Leben teilen. Das ist die Perspektive auf Ostern hin."

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