Energiepolitik in Bayern:Aigner muss zum Krisengespräch

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Muss Kritik von vielen Seiten aushalten: Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner bei der Klausurtagung in Wildbad Kreuth. (Foto: dpa)
  • In der CSU gibt es Ärger über die Energiepolitik von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner.
  • Offenbar will die Ministerin anders als Ministerpräsident Seehofer keinen völligen Verzicht auf neue Trassen vorschlagen.
  • Die Regierung von Oberfranken hat unterdessen den Bau einer lange geforderten Höchstspannungsleitung in Nordbayern genehmigt.

Von Frank Müller und Christian Sebald, Kreuth

Kurz vor der Entscheidung über die Zukunft der Energiewende in Bayern steigt in der CSU die Nervosität. Das wurde am Donnerstag beim Abschluss der CSU-Fraktionsklausur in Wildbad Kreuth deutlich. In der Nacht zum Donnerstag kam es deswegen in Kreuth zu einem Treffen von Ministerpräsident Horst Seehofer, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Fraktionschef Thomas Kreuzer. In der Fraktion wurde die Unterredung als "sehr ernst" und als "Krisengespräch" bezeichnet.

Dahinter stehen offenbar die immer deutlicher zutage tretenden Unterschiede zwischen Seehofer und Aigner in der Frage der Stromtrassen. So will Aigner augenscheinlich anders als Seehofer keinen völligen Verzicht auf neue Trassen vorschlagen. "Es gilt immer noch, dass wir die Notwendigkeit von Trassen generell überprüfen", sagte sie am Donnerstag in Kreuth. Anscheinend ist sie aber zumindest bereit, eine der geplanten beiden Großtrassen in den Freistaat hinzunehmen. Seehofer hatte sich aber gegen beide ausgesprochen. Er will offenbar, dass Aigner sich nicht während des laufenden Energiedialogs auf einzelne Punkte festlegt.

Beide versuchten, das Treffen herunterzureden. "Nein, es gibt keine Auseinandersetzung, wir führen immer Gespräche", sagte Aigner. Seehofer meinte nur, er habe auf der Klausur ohnehin "fast mit jedem gesprochen".

Ein "extrem wichtiges" Thema

Er wollte sich aber nicht einmal zur Frage äußern, ob er mit Aigner zufrieden sei. Der CSU-Chef vermied es auch, in seiner Grundsatzrede vor der Fraktion den Dissens anzusprechen. Laut Teilnehmern zählte er aber die Energiewende neben dem Länderfinanzausgleich und dem Flüchtlingsthema zu den drei "extrem wichtigen" Themen des Jahres. Bei der Energiewende könne man "viel gewinnen und viel verlieren", wurde Seehofer zitiert.

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Auch Fraktionschef Thomas Kreuzer mahnte Aigner. Es sei zwar "das gute Recht einer Wirtschaftsministerin, sich zur Energiepolitik zu äußern", sagte er. "Aber auch Frau Aigner ist sich im Klaren, dass wir am Ende entscheiden müssen, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen". Dies soll Anfang Februar der Fall sein, wenn der von Aigner geleitete Energiedialog mit Wirtschaft, Verbänden und Initiativen endet.

Unterstützung bekommt Aigner hingegen von Ex-Parteichef Erwin Huber. Der Wirtschaftssprecher der Fraktion sieht sie "auf dem richtigen Weg", wenn sie eine Trasse zur Versorgungssicherheit Bayerns für notwendig halte. "Die Energieministerin wird ein tragfähiges Energiekonzept vorlegen", erklärte Huber.

Stromtrasse in Nordbayern genehmigt

Unterdessen kann nun der Bau einer lange geforderten Höchstspannungsleitung in Nordbayern beginnen. Am Mittwoch genehmigte die Regierung von Oberfranken die sogenannte Thüringer Strombrücke in der Region Coburg. Dabei handelt es sich um den 30 Kilometer langen bayerischen Abschnitt einer Stromautobahn zwischen dem Raum Halle (Sachsen-Anhalt) und der Region Schweinfurt.

Aigner begrüßte die Genehmigung. "Sie ist ein wichtiger Schritt für die Energiezukunft Bayerns", sagte sie. "Die Thüringer Strombrücke ist eine Hauptschlagader für eine sichere und kostengünstige Energieversorgung."

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Anders als die beiden anderen geplanten Höchstspannungsleitungen in den Freistaat, die "Suedlink-Trasse" und die "Gleichstrompassage Süd-Ost", hatte die Staatsregierung die Thüringer Strombrücke aber zu keinem Zeitpunkt abgelehnt. Im Gegenteil: Obwohl es im Raum Coburg massive Proteste gegen das Projekt gab, betonte die Staatsregierung stets, diese Stromautobahn sei unverzichtbar.

Bei den Gegnern des Projekts herrscht Enttäuschung. Sie halten die Thüringer Strombrücke für überflüssig und haben stets gefordert, stattdessen bestehende Leitungen nachzurüsten. "Gleichwohl war unser achtjähriger Kampf nicht vergebens", sagte Anette Martin von der Bürgerinitiative "Achtung Hochspannung". "Wir waren die Wegbereiter für die Protestflut gegen die beiden anderen Stromautobahnen nach Bayern."

© SZ vom 23.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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