Sanfter Donauausbau:"Die Zeit der Zerstörung von Bayerns Flüssen ist nun vorbei"

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Jahrzehntelang stritten Politiker, Umweltschützer, Schifffahrt und Anwohner über den Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen. In Kürze beginnen die ersten Arbeiten.

Von Christian Sebald, Deggendorf

Natürlich ist die Präsentation der Pläne für den sanften Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen ein Triumph für Hubert Weiger. Auch wenn der 72 Jahre alte Ehrenvorsitzende des Bundes Naturschutz (BN) das so nie sagen würde. Weiger war mehr als 40 Jahre das Gesicht des Widerstands gegen die Kanalisierung der bayerischen Donau und den Bau von Staustufen. Die meiste Zeit war der Protest vergebens. Erst 2013 entschied der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), dass der Freistaat im Abschnitt zwischen Straubing und Vilshofen auf die Kanalisierung und eine Staustufe verzichtet. Stattdessen soll die Donau dort moderat und naturverträglich ausgebaut werden.

Am Dienstag haben Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (FW) in Deggendorf die Pläne dafür vorgestellt. Auch Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger, der für seine Freien Wähler in Anspruch nimmt, "dass wir seit jeher aufseiten der Naturschützer standen", und Kultusminister Bernd Sibler waren zu der Präsentation gekommen. Letzterer in seiner Eigenschaft als Chef der Niederbayern-CSU. "Meine Freude ist immens, dass es gelungen ist, die letzten 70 freifließenden Flusskilometer der bayerischen Donau zu retten", sagt der BN-Ehrenvorsitzende Weiger. "Die Zeit der Zerstörung von Bayerns Flüssen ist nun vorbei."

Der Streit um die niederbayerische Donau zählt zu den erbittertsten Konflikten um den Naturschutz im Freistaat. Gegen den erklärten Willen nahezu der gesamten Bevölkerung in der Region wollten die CSU und die damalige Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd den Bau eines Seitenkanals und einer Staustufe an der Mühlhamer Schleife durchdrücken. Ihr Argument: Nur mit diesem zig Millionen Euro teuren Komplettumbau des Flusses werde die Donau zu der ganzjährig von großen Frachtschiffen befahrbaren Wasserstraße, die so dringend nötig sei - auch zur Entlastung des Straßennetzes.

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Die Naturschützer hielten dagegen, dass die Donau gerade in diesem Abschnitt ein Naturparadies sei, das man unbedingt erhalten müsse. Tatsächlich zeigen Gutachten, dass die niederbayerische Donau zu den fischreichsten Gewässern Bayerns zählt, mit ganz erstaunlichen Beständen an Nasen und anderen bedrohten Arten. Und die Auwälder an ihren Ufern sind Rückzugsgebiete für extrem seltene Vögel wie den Großen Brachvogel, den Eisvogel, den Mittelspecht und das Blaukehlchen. Viele Tausend Hektar entlang des Flusses sind als Schutzgebiete ausgewiesen, etliche davon sind von internationalem Rang.

Als Seehofer die Kanalisierung und die Staustufe an der Mühlhamer Schleife im Februar 2013 absagte, war der Ärger groß in der CSU. Viele wollten die Entscheidung nicht hinnehmen, der frühere Parteichef Erwin Huber zählte zu den schärfsten Kritikern, aber auch der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter. Wenig später drehte sich die Debatte vollkommen. Nach wochenlangen Regenfällen brach über die Region Deggendorf die Hochwasserkatastrophe vom Juni 2013 herein. An der Isar versagte ein Damm, die Orte Fischerdorf und Natternberg wurden komplett überschwemmt. Auch bei Winzer hielt ein Damm den Wassermassen nicht stand, die Donau überflutete große Teile von Niederalteich. Wie durch ein Wunder gab es weder Tote noch Verletzte. Aber das Leid und die Schäden waren immens. Seither drehte sich die Debatte einzig darum, wann endlich der naturverträgliche Ausbau kommt. Denn mit ihm wird der Hochwasserschutz komplett modernisiert. "Das ist es, was jetzt zählt", sagt der Deggendorfer Landrat Bernreiter. "Wir müssen rasch vorwärtskommen."

Auch Bund und Freistaat setzen auf schnelle Fortschritte. Der Ausbau ist in zwei Abschnitte unterteilt, der Startschuss für den ersten von Straubing bis zur Isarmündung bei Deggendorf war am Dienstag, der für den zweiten von Deggendorf bis Vilshofen soll möglichst bald. Insgesamt verschlingt das Projekt 1,4 Milliarden Euro. Die Schifffahrtsstraße selbst soll nun nur noch moderat vertieft werden. Flussbauwerke, wie zum Beispiel ein lange umkämpftes Leitwerk an der Mündung der Isar, sollen deutlich kleiner dimensioniert werden als vormals geplant. Zugleich sollen 30 000 Donau-Anlieger einen hochmodernen Hochwasserschutz bekommen. Allein im ersten Bauabschnitt "werden auf 45 Kilometer Länge Deiche neu gebaut oder erhöht", betonte Glauber, der kraft Amtes auch für den Hochwasserschutz verantwortlich ist. "Schließlich zählt im Ernstfall jeder Zentimeter." Die Arbeiten am ersten Bauabschnitt sollen noch im Januar anlaufen. Die Bauzeit für das Gesamtprojekt veranschlagt der Umweltminister freilich auf zehn Jahre.

© SZ vom 22.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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