Designprojekt:Wie aus alten Polizeiuniformen schicke Accessoires werden

Lesezeit: 2 min

  • Die Polizeibeamten in Bayern tragen seit geraumer Zeit blaue statt grün-beige Uniformen.
  • Doch die alte Dienstkleidung verschwindet nicht ganz: In Zusammenarbeit mit einer Designerin werden in Behindertenwerkstätten Taschen und Rucksäcke aus den ausrangierten Hosen, Jacken und Mützen gefertigt.
  • Teile des Erlöses aus dem Verkauf der Artikel sollen der Bayerischen Polizei-Stiftung zugutekommen.

Von Katharina Schmid, Straubing

Die Tage der förstergrünen Polizeiuniform auf Bayerns Straßen sind gezählt. Seit 1972 leistet die in grün und beige gehaltene Uniform den bayerischen Polizisten ihre Dienste. Bis Mitte 2018 soll damit Schluss sein: Statt in grün-beige präsentiert sich die bayerische Polizei künftig in blau. Damit passt sie sich dem Vorbild der anderen Bundesländer an.

Doch ganz aus dem Stadtbild verschwinden sollen die vertrauten Farben nicht. Zumindest nicht, wenn es nach der Barmherzigen Brüder gemeinnützige Behindertenhilfe (BBBH) und der Polizei geht. In Kooperation haben sie auf Vorschlag der Gewerkschaft der Polizei Niederbayern ein Projekt ausgearbeitet, das vorsieht, die alten Uniformen künftig als Taschen, Rucksäcke und andere Accessoires wiederzuverwenden. Umgesetzt wird diese Idee in Werkstätten der BBBH an mehreren Standorten in Bayern. Darunter Straubing, wo das Vorhaben am Mittwoch von Innenstaatssekretär Gerhard Eck und Pater Prior Eduard Bauer präsentiert wurde.

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An die 600 000 Artikel der alten grünen Ausstattung besitzen die etwa 27 500 uniformierten Polizisten in Bayern insgesamt. Jeder von ihnen vier bis fünf Jacken, etwa acht Hemden, mehrere Hosen. Dazu noch Pullover, Mützen und Krawatten.

Wie aus diesen Kleidungsstücken Neues entstehen soll, damit hat sich die mit dem Projekt betraute Designerin Birgit Strasser aus Deggendorf seit dem vergangenen Sommer beschäftigt. Von der Vielfalt der Verarbeitungsmöglichkeiten begeistert, habe sie sich dem Thema vor allem über das Material genähert: "Anfassen, zerteilen, auseinanderschneiden", auf diese Weise seien ihre Upcycling-Ideen entstanden. "Obwohl wir hier von einer Uniform sprechen, erzählt jedes Stück eine individuelle Geschichte", sagt Strasser. Diese Vielfalt an Geschichten solle auch in den neuen Taschen und Rucksäcken erhalten bleiben.

Die Materialien der alten Uniformen werden dafür ihrer Funktion entsprechend verarbeitet. Aus einem alten wasserabweisenden Anorak mit Innenfütterung entsteht also eine neue Picknickdecke mit Polsterung. Aus einem ehemaligen Hemdkragen wird kurzerhand ein Taschengriff. Ziel bei dieser Verwandlung ist es, laut Strasser, die vorhandenen Teile an passender Stelle funktionell zu platzieren, je nach Form, Farbe und Festigkeit des Ausgangsstoffs. Das Entscheidende dabei: Erst auf den zweiten Blick wird der Betrachter aufmerksam auf die Vergangenheit der Taschen und Beutel, nämlich dann, wenn er die Farbkombination auf sich wirken lässt oder das Logo "110 2.0" entdeckt, das Studenten der Technischen Hochschule für Medientechnik und Design in Deggendorf entwickelt haben.

Artikel sollen ab Herbst in den Verkauf gehen

Noch befindet sich das Projekt jedoch in der Aufbauphase. Derzeit holen die Mitarbeiter der Werkstätten der BBBH die alten Uniformen in den sieben bayerischen Regierungsbezirken ab. Danach wird sortiert, kontrolliert, gewaschen. Und erst dann werden die Produkte in Produktion gehen. "Noch befinden wir uns in der Anlaufphase mit nur einer kleinen Vorproduktion zur Probe", sagte Harald Auer, der Leiter der Eustachius Kugler-Werkstatt der Barmherzigen Brüder Straubing, am Dienstag. Über den Sommer würden die einzelnen Arbeitsschritte dann an die Menschen mit Behinderung angepasst. Vor allem Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung sind in den Werkstätten tätig und werden sich an der Produktion beteiligen.

Wie wertvoll diese handwerkliche Arbeit für diese Menschen sei, weiß Pater Prior Eduard Bauer. "Durch das Projekt bekommen die Menschen, die bei uns arbeiten, Gelegenheit zu sehen, was sie mit ihren eigenen Händen gemacht haben. Das ist wichtig für sie, vor allem für die Schwerbehinderten." Daneben werde mit der Kooperation zwischen BBBH und bayerischer Polizei ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft gesetzt, sagte Innenstaatssekretär Eck im Rahmen der Präsentation.

Läuft alles nach Plan, sollen die Artikel, deren Erlös in Teilen der Bayerischen Polizei-Stiftung zugutekommt, ab Herbst in den Verkauf gehen.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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