Corona-Mutationen in Bayern:Ein "ganz erheblicher Mehraufwand"

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In einem Labor in Marseille werden Coronaviren auf Mutationen untersucht. (Foto: Daniel Cole/dpa)

Die deutlich ansteckenderen Virus-Mutationen bereiten Sorgen - und erhöhen die Arbeit in Laboren. Diese könnten erneut ans Limit geraten.

Von Dietrich Mittler, München

Der Laborarzt Bernhard Wiegel hat gelernt, auch in stürmischen Zeiten Ruhe zu bewahren - spätestens im November vergangenen Jahres, als das MVZ Labor Passau, in dem Wiegel tätig ist, mit täglich bis zu 5000 neuen Coronatest-Aufträgen fertig werden musste. Mittlerweile aber sind es die deutlich ansteckenderen Virus-Mutationen, die der Politik Sorge bereiten. Vor allem diese Sorge treibt die Verantwortlichen jetzt dazu an, die Grenzen zu Nachbarländern wie Tschechien geschlossen zu halten und den Lockdown in Bayern nur langsam wieder aufzuheben.

Auch Wiegel lässt das Problem nicht kalt. Er spricht von "einem ganz erheblichen Mehraufwand", weil nun Corona-positiv getestete Abstriche zur Sequenzierung an Speziallabore geschickt werden müssen, die sie dann zeitaufwendig auf neue Virusstämme hin untersuchen. "Das geht jetzt erst so richtig in die Vollen", sagt Wiegel. Er mag nicht ausschließen, dass die Labore erneut "ans Limit" geraten.

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Unvermittelt fällt ihm dann aber dieser unter Ärzten gängige Spruch ein: "Die Mutante von heute ist das Normale in zwölf Wochen", sagt er. Auf Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wird das nicht unbedingt beruhigend wirken. "Wir dürfen die Risiken durch noch ansteckendere Virus-Mutationen nicht unterschätzen", betont er. Es gelte vor allem, das Infektionsgeschehen in grenznahen "Betrieben und anderen Arbeitsstätten" im Blick zu behalten.

Aber hier liegt das Problem, das Laborarzt Wiegel in Worte wie "ganz erheblicher Mehraufwand" kleidet. Die Sequenzierung des Erreger-Genoms dauert Tage. Ein Fakt, der es dem Gesundheitsministerium am Montag schwer machte, aktuelle Mutationszahlen zu nennen. Auch die Erkenntnisse des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom Freitag beruhen auf Stichproben: Bei 103 von 380 positiven Proben ergab sich demnach der Verdacht auf die britische und bei dreien der Verdacht auf die südafrikanische oder die brasilianische Variante. Im grenznahen Kreis Bayreuth etwa wurde bei 31 positiv getesteten Proben in 15 Fällen die britische Coronavirus-Variante gefunden.

Gesundheitspolitiker der FDP und der SPD hatten bereits vor rund zwei Wochen darauf gedrängt, dass es auch schnellere Wege gebe, die Verbreitung von Corona-Mutanten festzustellen. Ruth Waldmann, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, argumentiert so: "Wie sich eine Mutante - sei es die britische, die südafrikanische oder die brasilianische - nun verändert hat, ist wichtig für die Forscher und für Ärzte. Für uns Politiker ist doch in erster Linie wichtig, wie weit die Mutanten bereits verbreitet sind."

Mit der Mehrheit von CSU und Freien Wählern wurden die Vorstöße der FDP und der SPD abgelehnt, dann aber doch kurz darauf aufgegriffen. In Konsequenz konnte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am vergangenen Freitag verkünden: In Bayern müssten "ab sofort alle positiven Sars-CoV-2-Proben mit einer speziellen variantenspezifischen" PCR-Testung untersucht werden. Mit dieser Methode ließen sich Merkmale im Virus finden, "die auf eine der kritischen Varianten hindeuten". Laborarzt Wiegel weiß indes: Auf ihn und seine Kollegen in Bayern kommt noch viel Arbeit zu. "Aber kein Grund zur Beunruhigung", sagt er.

© SZ vom 16.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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