Ein Jahr ist es her, dass Bayern in die Corona-Winterstarre fiel, als am 2. November 2020 das gesamte öffentliche Leben heruntergefahren wurde. Nun sieht es so aus, als ob dem Land abermals dunkle Monate bevorstünden - trotz Impfungen, voller Fußballstadien und regulärem Schulbetrieb. Womöglich stimmt es, was Christian Bernreiter, der Chef des Bayerischen Landkreistages, am Dienstag prophezeite: Die schlimmste Phase der Pandemie kommt erst noch.
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Denn anders als im vergangenem Jahr trifft das Virus nun auf ausgelaugte Mitarbeiter in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Gesundheitsämtern. Die Zahl der Intensivbetten hat um 20 Prozent abgenommen, weil inzwischen schlicht das Personal fehlt. Dabei ist immer noch ein Drittel der bayerischen Bevölkerung ungeimpft. Vor allem unter dieser Gruppe wird sich das Virus aller Voraussicht nach explosionsartig verbreiten.
Die von Ministerpräsident Markus Söder befürchtete Spaltung der Gesellschaft ist längst eingetreten. Und sie vertieft sich zusehends. In Burghausen hat die AfD eine Mahnwache für die "Impftoten" gehalten. Das mag man für abgedreht halten, doch es ist ein Zeichen dafür, dass erhebliche Teile der Gesellschaft für Argumente nicht mehr zugänglich sind. Die Polarisierung beschränkt sich nicht nur aufs Impfen: Wer eine Familienfeier sprengen möchte, der muss nur die Themen Genderpolitik oder Flüchtlinge ansprechen - und schon verwandelt sich der Kaffeetisch zum ideologischen Schlachtfeld. Und mit den steigenden Energiepreisen zieht bereits das nächste Thema herauf, das Menschen aus dem bürgerlichen Lager in großer Zahl auf die Straße treiben und gegen "die da oben" in Politik und Medien in Stellung bringen könnte.
Das sind trostlose Aussichten, denn gerade jetzt müsste die Gesellschaft solidarisch zusammenstehen. Doch die alte Tugend der Sozis ist leider außer Mode gekommen.