Mit diesem Ergebnis hat die Stadtspitze nicht gerechnet: Knapp 60 Prozent der Wähler haben sich am Sonntag in einem Bürgerentscheid gegen den Neubau einer Moschee in Kaufbeuren ausgesprochen. Damit ist das Projekt, das eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Stadtrat unterstützte, gestoppt. Da die türkisch-islamische Gemeinde nun nicht, wie vorgesehen, auf kommunalem Grund bauen darf, wird sie sich ein privates Grundstück für ihr Projekt suchen. Die Stadt hat damit keinen Einfluss mehr auf das Bauvorhaben und kann dem Verein auch keine Auflagen hinsichtlich politischer Betätigungen oder Radikalisierungen machen.
Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) wirkt am Tag nach dem Entscheid ernüchtert. Die Wahlbeteiligung von 45 Prozent in der 43 000-Einwohner-Stadt sei bemerkenswert, das Thema habe "viele Menschen berührt". Bosse war sich nicht sicher, aber optimistisch, dass die Kaufbeurer ihr Plazet geben für die neue Moschee in einem Gewerbegebiet. Er hat auf Bürgerversammlungen mit Unterstützung der katholischen und evangelischen Kirchengemeinde unermüdlich dafür geworben und eine deutliche Mehrheit der Anwesenden hinter sich gesehen.
Es war geplant, dass die Stadt für die Moschee ein 5000 Quadratmeter großes Areal in Erbpacht zur Verfügung stellt. Die islamische Gemeinde hatte sich im Gegenzug verpflichtet, ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung abzulegen und dafür zu sorgen, dass in ihren Reihen keine Verabredungen zu staatsgefährdenden Straftaten getroffen werden. Bei einem Verstoß dagegen hätte die Stadt die Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts verlangen können. Verhindern konnte sie das Projekt ohnehin nicht, dem steht die Religionsfreiheit entgegen.
Die Gegner des Moschee-Baus haben sich also einen Bärendienst erwiesen. Das sieht auch der OB so: "Wenn die Gemeinde nun auf privatem Grund baut, tendieren unsere Einflussmöglichkeiten gegen Null", sagt Bosse. "Irgendwo wird jetzt trotzdem eine Moschee in Kaufbeuren entstehen. Da wird sich so mancher an den Bürgerentscheid zurückerinnern."
Die türkisch-islamische Gemeinde in Kaufbeuren zählt rund 220 Mitglieder und ist an den umstrittenen Dachverband der Moscheegemeinden, Ditib, angeschlossen, der vom türkischen Staat beaufsichtigt wird. Bislang unterhält der Kulturverein eine Moschee in einem ehemaligen Mehrfamilienhaus in einem Wohngebiet in Kaufbeuren. Das Gebäude ist zu klein, weshalb der Verein seit 14 Jahren nach einer Alternative sucht. Die Pläne für den Neubau im Gewerbegebiet sahen ein Gebetshaus mit Platz für 400 Gläubige samt 21 Meter hohem, stummen Minarett vor.