Oberallgäu:"Ich klebe nicht an meinem Stuhl, aber ich gebe auch nicht auf"

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  • Die Bürgermeisterin von Bolsterlang, Monika Zeller, hat eine neue Anhörung im Disziplinarverfahren gegen sie verlangt.
  • Die 56-Jährige soll mit der Reichsbürgerbewegung sympathisieren, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnet.

Von Christian Rost

Bereits ein Jahr lang ziehen sich die Ermittlungen gegen die unter "Reichsbürger"-Verdacht stehende Bürgermeisterin von Bolsterlang, Monika Zeller, hin. Ein Ergebnis ist bei dem Disziplinarverfahren aber noch immer nicht in Sicht. Die Landesanwaltschaft teilte auf Anfrage mit, dass die 56-Jährige erneut in der Sache angehört werden wolle.

"Die kommunale Wahlbeamtin hat für ihre Stellungnahme eine Fristverlängerung sowie die Durchführung einer erneuten persönlichen Anhörung beantragt", so Jörg Spennemann, stellvertretender Sprecher der Behörde.

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Monika Zeller hat "Reichsbürgern" einen Saal überlassen und trägt deren Staatsangehörigkeitsausweis. Dass sie noch immer im Amt ist, verstört viele Bürger.

Von Christian Rost

Mitte Juni also soll Zeller noch einmal Stellung nehmen können zu dem Vorwurf, dass sie mit der "Reichsbürger"-Szene sympathisiere. Laut Spennemann hat sie "einen gesetzlichen Anspruch auf eine persönlichen Anhörung". Daher verzögere sich die Entscheidung der Landesanwaltschaft "noch um einige Wochen".

Die parteifreie Bürgermeisterin der 1069-Seelen-Gemeinde im Landkreis Oberallgäu hatte nicht nur einen Kongress von Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremen besucht, sondern danach auch einem Referenten aus diesem Umfeld den örtlichen Gemeindesaal für einen Vortrag zur Verfügung gestellt.

Unter den Zuhörern waren außer der Bürgermeisterin auch vier Gemeinderäte, die zurücktraten, als dies bekannt wurde. Die Gemeinderäte und auch Zeller hatten überdies Staatsangehörigkeitsausweise beantragt, die im Alltag kaum mehr von Bedeutung sind, bei "Reichsbürgern" aber als eine Art Gesinnungsausweise angesehen werden.

"Ich klebe nicht an meinem Stuhl, aber ich gebe auch nicht auf"

Zeller verteidigte sich zunächst, sie habe sich den Ausweis nur aus "Neugier" besorgt. Und vom Inhalt des Referats im Gemeindesaal will sie keine Kenntnis gehabt haben. Sie habe gedacht, es handle sich um einen Vortrag über Regionalwährungen. Nach diesen Erklärungen äußerte sie sich in der Sache nicht mehr, für Medien ist sie nicht zu sprechen.

In einer Bürgerversammlung allerdings soll sie sich jüngst von der "Reichsbürger"-Szene distanziert haben. Laut Allgäuer Zeitung nannte Monika Zeller die Ermittlungen der Landesanwaltschaft gegen sie ihr "privates Thema". Einen Rücktritt von ihrem Amt schloss sie aus.

"Ich klebe nicht an meinem Stuhl, aber ich gebe auch nicht auf", wird Zeller zitiert. Für diese Äußerung soll es Applaus gegeben haben. Als die Vorwürfe gegen Zeller und die vier Gemeinderäte bekannt geworden waren, demonstrierten noch rund 70 Bolsterlanger im Ort und forderten "Intelligenz im Rathaus".

© SZ vom 07.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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