Mitten in Bayern:Bad ohne Meister

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Die Gemeinde Bayrischzell trifft es gleich doppelt hart: Nicht allein, dass im örtlichen Schwimmbad das Becken undicht ist. Die sehnlichst erwartete Eröffnung des Freibads fällt vorerst ins Wasser. Grund: Der Bademeister muss erst sein silbernes Rettungsschwimmer­abzeichen wieder in der Tasche haben

Kolumne von Matthias Köpf

Seit zwei Wochen dürfen Bayerns Freibäder wieder öffnen, aber viele davon hätten es bisher bloß gedurft und haben es noch gar nicht getan. Dafür gibt es vielerlei Gründe, von denen die meisten mit dem Coronavirus zu tun haben. In der kleinen Gemeinde Bayrischzell am Fuße des Wendelsteins jedoch haben sie dafür einen ganz besonderen Grund. Das dortige Alpenfreibad ist nämlich immer noch dicht, und damit schon mal wesentlich dichter als sein Becken, aus dem durch zentimeterbreite Lücken jeden Tag ungefähr 50 Kubikmeter Wasser einfach versickern, wie der Bürgermeister schon vor einem Jahr beklagt hat. Das ist zwar ärgerlich und teuer, weil Wasser aus dem kalten Wendelsteinbach nachgeleitet und auf 26 Grad geheizt werden muss. Der Grund für die Freibadsperre ist es aber nicht. Das liegt am Bademeister - und damit doch wieder an Corona.

Denn so ein Bad braucht neuerdings zwar jede Menge Personal, das die Gäste zum Beispiel da hinein- und dort hinausschleust und ansonsten dauernd desinfiziert. Vor allem aber braucht es einen Bademeister. Dieser Bademeister wiederum braucht mindestens ein silbernes Rettungsschwimmerabzeichen. Und genau daran fehlt es gerade in Bayrischzell. Nun ist es nicht so, dass der dortige Bademeister nicht schwimmen, tauchen und retten könnte, oder jedenfalls nicht gut genug für das silberne Abzeichen. Er muss das nur alle zwei Jahre neu nachweisen, und das ist in dieser Saison laut Gemeinde leider noch nicht geglückt. Es hatten nämlich alle Bäder, in denen er das Abzeichen hätte erneuern können, wegen Corona zu. Und im eigenen Bad ging es auch nicht, denn da darf ja keiner schwimmen, wenn kein Bademeister mit aktuellem Abzeichen da ist. Außerdem ist gerade gar kein Wasser drin, warum auch immer.

Dass für die Aufsicht über ein 50-Meter-Becken Fähigkeiten wie "200 m Schwimmen in Rückenlage mit Grätschschwung ohne Armtätigkeit" und "300 m Schwimmen in Kleidung in höchstens 12 Minuten" nachzuweisen sind, muss kein Schaden sein und verspricht eine gewisse Sicherheitsreserve. Und für die Reserven des Gemeindekämmerers ist es ebenfalls gut, denn solang das Bad leer ist, macht es zwar auch Miese, aber nicht ganz so viele wie bei laufendem Betrieb. Der soll mit den Sommerferien beginnen.

© SZ vom 22.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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