Bund Naturschutz:Genug der Fernstraßen

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Die Baustelle zum Ausbau der Bundesautobahn A3 an der Ausfahrt Heidingsfeld bei Würzburg (Foto: dpa)

Der Bund Naturschutz fordert, Pläne zum Ausbau des überregionalen Straßennetzes sofort zu stoppen. Der Verband sieht in Bayern eine Überversorgung und plädiert für Investitionen in Bahn, Nahverkehr sowie Geh- und Radwege.

Von Christian Sebald, Würzburg

Erwin Scheiner vom Bund Naturschutz (BN) im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart ist Jahrgang 1957. Aber nicht nur deshalb ist dieses Jahr für ihn bedeutsam. Sondern auch weil im gleichen Jahr in seiner Heimat die Debatte über die Bundesstraße 26 neu entbrannt ist. Die B 26n, wie die autobahnähnliche abgekürzt wird, soll einmal nördlich von Würzburg die A 7 und A 3 miteinander verbinden. Dadurch, so die Überzeugung der Straßenplaner, werde die Stadt entlastet. Außerdem würden Orte wie Karlstadt besser an das überregionale Straßennetz angebunden. Scheiner kämpft seit Jahren gegen die B 26n. Denn aus seiner Sicht zerstört das Projekt nicht nur viel zu viel freie Landschaft und Natur. Die B 26n, deren Bau zwischen 400 und 500 Millionen Euro kosten soll, bringe zudem keine spürbare Entlastung, sagt Scheiner, - weder für Würzburg, noch für die Region.

BN-Chef Richard Mergner hat am Donnerstag einen Planungsstopp für die B 26n und alle anderen Fernstraßenprojekte in Bayern gefordert. "Die Klimakrise verschärft sich immer weiter. In Bayern verursacht der Autoverkehr 42 Prozent des gesamten CO₂-Ausstoßes", sagt er. "Deshalb brauchen wir jetzt ein Klimaschutz-Moratorium für den Fernstraßenbau im Freistaat." In seinem Rahmen solle überprüft werden, ob die Pläne mit den Klimazielen des Pariser Klimaschutzvertrags vereinbar sind. Sind sie das nicht, so Mergner, "müssen die Projekte dauerhaft begraben werden". Aus Sicht des BN-Chefs ist Bayern schon längst überversorgt mit Fernstraßen. "Wir haben in den letzten Jahren mehr als genug Straßen gebaut", sagt er. "Sie haben nachweislich nicht zu weniger, sondern zu mehr Verkehrsaufkommen in den jeweiligen Regionen geführt. Diesen Irrsinn müssen wir endlich beenden."

Der BN bezieht sich dabei auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag. Danach sollen allein in Bayern in den nächsten Jahren neue Autobahnen und Bundesstraßen mit einer Gesamtlänge von 1500 Kilometern errichtet werden. Das entspricht etwa der Strecke von München nach Sizilien. Die Baukosten werden auf mindestens 13 Milliarden Euro geschätzt. Die Fläche, die dafür zubetoniert wird, beläuft sich auf gut 4300 Hektar. Das entspricht gut 6000 Fußballfeldern. "Werden alle diese Projekte umgesetzt, dann werden Bayern und der Bund ihre Klimaschutz-Ziele niemals erreichen können", sagt Mergner. "Aber auch der Flächenfraß verschärft sich weiter. Deshalb muss es jetzt genug sein."

Das Geld solle stattdessen in den öffentlichen Nahverkehr, den Ausbau von Geh- und Radwegen und den Unterhalt des bestehenden Straßennetzes gesteckt werden. "Vor allem auf dem Land ist Bayern beim ÖPNV mit Mecklenburg-Vorpommern bundesweit Schlusslicht", sagt Mergner. "Wir brauchen flächendeckend Busse, Rufbusse oder Anrufsammeltaxis im Stunden- und im Halbstundentakt, attraktive Geh- und Radwege und den Ausbau und die Elektrifizierung von Bahnstrecken." Als Beispiel für die großen Defizite nennt Mergner die Bahnstrecke von Nürnberg nach Bayreuth. "Sie wird kurz vor Bayreuth einspurig und ist nicht elektrifiziert", sagt er. "Dabei wird seit 20 Jahren über den Ausbau gesprochen."

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Der unterfränkische BN-Mann Scheiner hält die Bahn ebenfalls für eine gute Alternative zur B 26n - vor allem für den lokalen Pendlerverkehr in seiner Heimat. Deshalb setzen er und eine Bürgerinitiative sich schon seit Langem für die Reaktivierung der Werntalbahn bei Schweinfurt ein. Und was den überregionalen Auto- und Lkw-Verkehr rund um Würzburg anbelangt, reichen nach Scheiners Überzeugung die A 7 und die A 3 völlig aus. Die Chancen für die Reaktivierung der Werntalbahn übrigens stehen denkbar schlecht. Zwar machen sich auch viele Lokalpolitiker für das Projekt stark. Aber der Bund sieht dafür keinen Bedarf.

© SZ vom 20.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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