Wirtschaft:Ist der Tourismus Bayerns größter Jobmotor?

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Gastronomen wollen höhere Kosten und auch die wieder steigende Mehrwertsteuer in vollem Umfang an ihre Gäste weitergeben. (Foto: Wolfgang Maria Weber/IMAGO)

Eine Studie hat im Auftrag der Staatsregierung den "Wirtschaftsfaktor Tourismus" untersucht und kommt zu einem beeindruckenden Ergebnis. Doch die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen.

Von Maximilian Gerl

Bayern, Land des Auto- und Maschinenbaus, der Industrie und der Gewerbeparks? Schon auch und doch nicht immer, wenn man der Zahl 548 000 folgt. So viele Menschen listet eine Studie als Erwerbstätige im Bereich Tourismus auf. Das entspreche 7,1 Prozent der Beschäftigten in Bayern. Dieser "im Vergleich zur Bruttowertschöpfung höhere prozentuale Anteil der Beschäftigung an der Gesamtwirtschaft verdeutlicht die hohe Personalintensität der Tourismuswirtschaft", heißt es weiter. Oder übersetzt: "Schaut man sich die Zahl der Erwerbstätigen an, ist der Tourismus größer als jeder Wirtschaftszweig des verarbeitenden Gewerbes", wird Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) in einer beiliegenden Mitteilung zitiert.

"Wirtschaftsfaktor Tourismus" ist die bislang unveröffentlichte Studie überschrieben, entstanden im Auftrag des Wirtschaftsministeriums. Sie stellt nicht den ersten Forschungsversuch dar, sich quasi in staatlicher Mission dem schwer fassbaren Komplex Tourismus zu nähern: Im Juni erst war beim Münchner Merkur von einer Studie zu lesen, die für das Wirtschaftsministerium Seilbahnen untersuchen sollte und dabei zum selben Ergebnis wie der zuständige Branchenverband kam. Demnach soll jeder Euro, der bei den Seilbahnen umgesetzt wird, fünf Euro bei Betrieben in der Region generieren. Umweltfaktoren spielten keine Rolle.

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So gesehen gibt es auch bei der neuen Tourismusstudie einen Haken. Wer Statistiken auswerten will, muss warten, bis alle Zahlen vorliegen - und das kann Jahre dauern. Erschwerend kommt hinzu, dass sich aus der amtlichen Wirtschaftsstatistik "unmittelbar keine aussagekräftigen Informationen über die ökonomische Bedeutung des Tourismus" ablesen lassen, wie es in dem Papier heißt. Tagesausflügler zum Beispiel tauchen in der offiziellen Beherbergungsstatistik nicht auf und können trotzdem zum touristischen Konsum beitragen, indem sie sich mittags auf der Hütte ein Schnitzel bestellen. In der Welt der Graphen sind Urlaub und Freizeit ein schwer zu definierendes Sammelbecken verschiedener Messgrößen.

Angesichts dessen gräbt die Studie vor allem im Datenjahr 2019 - und fördert unter anderem zutage, dass der Tourismus damals die personell stärkste Branche im Freistaat stellte. Die Bruttowirtschaftsleistung lag bei gut 28,2 Milliarden Euro oder 4,9 Prozent der gesamten bayerischen Wirtschaftsleistung. Dazu trugen der Tages- und der Übernachtungstourismus ungefähr gleich viel bei. Und mehr als die Hälfte der Reisenden - 55 Prozent - stammten aus Bayern selbst. Gäste aus anderen Bundesländern schlugen mit 27,1 Prozent zu Buche, Gäste aus dem Ausland mit 14,5 Prozent. Für Tourismusmanager können solche Informationen im wahrsten Sinne Geld wert sein, um ihre Destination noch besser zu vermarkten.

Und noch eines wird aus der Studie offensichtlich: der große wirtschaftliche Einschnitt, der 2020 mit der Corona-Pandemie folgte. Um mehr als 40 Prozent brach damals der touristische Konsum ein, verglichen mit dem Vorjahr. Einen erheblichen Anteil daran dürfte das Ausbleiben ausländischer Gäste gehabt haben, ein Minus von 60 Prozent verzeichnet hier die Statistik. Die Zahl der Beschäftigten sank auf 326 600 Erwerbstätige.

Und 2023? Dazu schweigt sich die Studie aus, abschließende Zahlen gibt es ohnehin noch nicht. Aiwanger sieht diesen "Albtraum für unsere Touristiker" überwunden, jetzt gelte es, der Branche "nicht neue Klötze zwischen die Beine zu werfen". Die, die da schon liegen, sind eh groß genug, vor allem beim Personal. Schon vor Corona herrschte Not an Fach- und Hilfskräften, doch während der Pandemiejahre orientierten sich viele beruflich um. Ob der Tourismus trotzdem heute in dieser Kategorie bayernweit ganz oben stehen kann, müssen künftige Studien ermitteln.

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