Tierschutz:Weitere Strafanzeige im Miltenberger Schlachthof-Skandal

Lesezeit: 2 Min.

Die Ermittlungen gegen den Betreiber des Schlachthofs in Miltenberg wurden durch Videoaufnahmen einer Tierschutzorganisation ausgelöst. (Foto: Soko Tierschutz)

Die Tierrechtsorganisation "Soko Tierschutz" geht davon aus, dass das Fleisch der kranken Tiere ganz normal in den Handel gelangt ist. Aus Sicht der Tierschützer war das Betrug an den Kunden - sie erstatten nun Anzeige.

Von Christian Sebald

Im Skandal um die schlimmen Tierquälereien an einem Schlachthof Landkreis Miltenberg hat der Tierrechtler Friedrich Mülln Strafanzeige wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug gestellt. "Auf Grund unserer Filmaufnahmen gehen wir davon aus, dass das Fleisch der erkennbar kranken und nicht transportfähigen Tiere, die dort geschlachtet worden sind, ganz normal in den Metzgereihandel gebracht worden ist", sagt Mülln. "Das ist Betrug an den Kunden. Denn das Fleisch hätte nach Gesetzeslage als Abfall entsorgt werden müssen."

Zugleich übt Mülln, der Chef der Tierrechtsorganisation "Soko Tierschutz" ist, scharfe Kritik an der Politik in Land und Bund. "Die Tierquälereien in Miltenberg sind der 15. Skandal an Schlachthöfen in Deutschland, den die Soko Tierschutz in den letzten sechs Jahren öffentlich gemacht hat", sagt er. "Passiert ist nichts, obwohl längst klar ist, dass die Quälereien System haben."

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Auch die Grünen gehen mit der Staatsregierung hart ins Gericht. "Kaum mehr eine Woche ohne neuen Tierschutzskandal in Bayern", sagt die Grünen-Politikern und Vorsitzende des Umweltausschusses im Landtag, Rosi Steinberger. "Und was tut die Söder-Regierung? Sie schnarcht vor sich hin!" Die Grünen forderten seit Jahren deutliche Verbesserungen des Tierwohls. "Es braucht mehr Kontrollen auf Schlachthöfen, Videoüberwachung, Aufzeichnung und Auswertung für alle Schlachtstätten", sagt Steinberger. Auch aus ihrer Sicht sind die aktuellen Skandale "keine bedauerlichen Einzelfälle, sondern die Folgen der Politik dieser Regierung".

Derweil hat Mülln einen Forderungskatalog präsentiert. Ein zentraler Punkt ist eine konsequente Videoüberwachung großer und kleiner Schlachthöfe. Sie dürfe aber nicht den Betrieben unterstehen, sondern müsse der zentralen bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen unterstellt werden. Nur so erfülle sie ihren Sinn und Zweck. Außerdem fordert Mülln Bodycams für das Veterinärpersonal in den Schlachtstätten und das Vier-Augen-Prinzip bei Kontrollen. "Es müssen immer zwei amtliche Tierärzte gemeinsam kontrollieren", sagt er. Damit will er Mauscheleien zwischen Kontrolleuren und Schlachthofpersonal ausschließen.

Der Katalog umfasst auch kleinere Maßnahmen, die laut Mülln sofort und ohne großen Aufwand umgesetzt werden und helfen könnten, die schlimmsten Tierquälereien abzuwenden. Ein Beispiel ist die Einführung einer verbindlichen Zertifizierung und Prüfpflicht für Betäubungsgeräte. "Damit könnte die Vielzahl von Fehlbetäubungen, die in Schlachthöfen an der Tagesordnung sind, drastisch verringert werden", sagt Mülln. Oder ein Verbot von elektrischen Treibhilfen. Sie dürfen rechtlich nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden. Nach Müllns Worten ist ihr Gebrauch aber an der Tagesordnung. In dem Miltenberger Schlachthof hat die Soko Tierschutz Laut Mülln dokumentiert, wie ein Viehhändler einem schwer verletzten Rind an die hundert Stromstöße versetzt.

Minister Glauber fordert rasche Aufklärung

Umweltminister Thorsten Glauber, der für den Tierschutz in Bayern zuständig ist, fordert eine rasche Aufklärung des neuen Skandals. Tierschutzverstöße wie in Miltenberg seien nicht hinnehmbar. "Wir erwarten ein hartes und konsequentes Eingreifen der zuständigen Behörden", sagte ein Sprecher. "Rechtsverstöße sind konsequent zu verfolgen." Er verwies darauf, dass der Bund aktuell an einer Gesetzesänderung arbeite, damit große Schlachthöfe permanent mit Video überwacht werden können. Bayern unterstütze die Initiative.

Der Tierschutz-Skandal in dem Miltenberger Schlachthof ist der zweite, den die Soko Tierschutz binnen zwei Wochen in Unterfranken veröffentlicht hat. Zuvor hatte sie massive Quälereien am Aschaffenburger Schlachthof dokumentiert. Beide Betrieb wurden vorläufig geschlossen. In beiden Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft.

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