Lästige Insekten:Stechmücken plagen die Menschen am Chiemsee

Lesezeit: 3 min

Stechmücken können sehr lästig sein - am Chiemsee sind sie gerade eine wahre Plage. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Seit Mai werden einige Orte rund um den See von Mückenschwärmen heimgesucht. Einzelne Touristen ergreifen schon die Flucht. Die Ursache ist schnell gefunden.

Von Patrick Wehner, Bernau

Ein Fischrestaurant am Chiemsee vergangene Woche: Es ist einer der ersten wirklich heißen Tage des Jahres, alle Tische sind besetzt, die Kellner tragen im Akkord Fisch und Wein aus der Küche. Auf den ersten Blick ist alles ganz normal. Was erst nach einer Weile auffällt: Einige der Gäste haben trotz der Hitze ihre Pullis oder Jacken an, manche sogar mit Kapuze auf dem Kopf. Immer wieder fragen Gäste, ob sie sich umsetzen dürfen, weg von den Büschen. Andere lassen ihre Zander und Saiblinge unangetastet liegen und schlagen scheinbar erratisch in die Luft. Der Grund für das alles: Stechmücken. Genauer: Stechmückenschwärme.

Teile des Chiemsees und viele seiner Orte in Ufer- oder Gewässernähe werden gerade von einer Staunzenplage heimgesucht, wie es sie schon länger nicht mehr gegeben hat. Nicht nur in Restaurants am Abend kommen die Sauger angeschwirrt, auch untertags plagen sie Einheimische und Gäste in Kiosken und Seebädern.

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Für das lästige Phänomen gibt es eine relativ simple Erklärung. In diesem Jahr wurden die Mücken nicht bekämpft. Manche Gastwirte schimpfen hinter vorgehaltener Hand, dass die Behörden das enge Zeitfenster schlicht und einfach verpasst haben, in dem man die Mückenlarven hätte vernichten können. Das ist zwar nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig.

Zuständig für die Bekämpfung der Stechmücken ist der Abwasser- und Umweltverband (AUV), zu dem sich zehn Gemeinden rund um den Chiemsee zusammengeschlossen haben. Droht die Population der Stechmücken zu einem Problem für Anwohner und Gäste zu werden, bringt der AUV das Präparat BTI zum Einsatz. Dieses Mittel, das von Bakterien produziert, in Eiweiß gebunden und in Eis gefroren mithilfe eines Hubschraubers ausgebracht wird, wird von Larven gefressen und bringt diese zur Strecke. Doch das ging dieses Jahr laut AUV nicht. Denn das Ausbringen des Mittels sei an strenge Vorgaben gekoppelt.

Auch der Flusspegel der Alz spielt eine Rolle

Quirin Schwaiger ist Geschäftsführer des Verbands. Er sagt, sie dürften BTI erst ausbringen, wenn die Alz einen gewissen Pegel erreicht habe. Daraus könne man nämlich schließen, wie weitflächig Gebiete um den Chiemsee herum unter Wasser stünden und somit gute Voraussetzungen für Stechmücken böten. Über dem See und im Naturschutzgebiet um die Mündung der Tiroler Ache werde BTI jedoch nie eingesetzt.

Doch diese Kalkulation sei durch den vielen Regen im Mai durcheinandergebracht worden: "Der Pegelstand war noch nicht erreicht. Doch die Flächen, die für die Eier entscheidend sind, waren durch den Dauerregen schon so durchnässt und gesättigt, dass die Mücken bereits in einem Entwicklungsstadium waren, in dem wir nicht mehr bekämpfen können." Die Insekten nehmen BTI nämlich nur in einem gewissen Zeitraum auf ihrem Weg von Larve zu Mücke auf, danach ist das Mittel im Grunde nutzlos.

Seit 2002 werden die Stechmücken am Chiemsee bekämpft. Dass der AUV aufgrund des Pegelstandes BTI nicht einsetzen durfte, war laut Schwaiger erst drei Mal der Fall. Blöd ist dabei nur, dass zwei der drei Fälle in den Jahren 2021 und 2022 lagen. Der Pegelstand war in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Dürre nicht hoch genug. Zwar waren ebenso keine Flächen überflutet, doch das hohe Stechmücken-Aufkommen heuer ist trotzdem auch diesen vergangenen beiden Jahren geschuldet, sagt Schwaiger. Die Eier der Stechmücken können mehrere Jahre überleben. Zudem gab es vergangenen Winter kaum Bodenfrost. Gute Bedingungen also für die Vermehrung der Insekten.

"Vier Gäste sind wegen der Mücken abgereist"

"Wir haben in unseren Gemeinden nachgefragt, ob die Stechmücken Auswirkungen auf die Touristen haben. Vier Gäste sind wegen der Mücken abgereist", sagt Schwaiger. Eine überschaubare Zahl. Der Tourismusverband der Stadt und des Landkreises Rosenheim hat nach eigenen Angaben noch gar keine Beschwerden von Besuchern verzeichnet. "Dass die Belastung für Bevölkerung und Touristen dennoch hoch ist, ist aber auch klar", sagt Geschäftsführer Schwaiger.

Es gibt jedoch auch gute Nachrichten: Die weibliche Stechmücke hat eine Lebenserwartung von rund 50 Tagen. Anfang bis Mitte Juli dürfte die Population, die durch die erste Überschwemmung im Mai ausgelöst wurde, laut Schwaiger wieder gestorben sein. Sprich: Von Anfang Juli an rechnet er mit einer deutlichen Entspannung der Situation.

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