So viele Journalistinnen und Journalisten. Leises Tuscheln, gespannte Blicke, in manchen Händen die eigene Zeitung. Ist das alles echt, nach zwei Jahren coronabedingter Absenz, leeren Räumen und Konferenzen im digitalen Raum? "Wirklich toll", sagt Ulrich Schäfer, stellvertretender SZ-Chefredakteur, beim Blick in den Saal und in die vielen Gesichter. Und Anna Stolz, Staatssekretärin im bayerischen Kultusministerium befindet: "Endlich ist wieder Schulleben möglich." Und es ist wieder möglich, jene zu ehren, die dazu in besonderer Weise beitragen: Schülerzeitungsredaktionen. 21 von ihnen wurden am Montag im gläsernen SZ-Turm beim Blattmacher-Wettbewerb als die besten des Landes ausgezeichnet.
Dieser Wettstreit ums beste journalistische Produkt - eine Kooperation von Süddeutscher Zeitung, Kultusministerium und Nemetschek Stiftung - fand bereits zum 17. Mal statt. Trotzdem konnte sich die große Preisverleihung nach zwei digitalen, präsenzlosen Corona-Ausgaben ein wenig nach Premiere anfühlen, selbst für jene, die seit längerem dabei sind und regelmäßig Preise abräumen. Dabei ist das Schöne am Zusammentreffen der Besten ja der direkte Austausch und die Inspirationen, die sich daraus ergeben. Als etwa die Redaktion der Ludwig-Reinhard-Schule Kaufbeuren von der Blattmacher-Jury gelobt wird, dass ihre Zeitung Sonnenklar mit farbig hervorgehobener Silbentrennung für einfacheres Lesen arbeitet, raunt die Konkurrenz anerkennend: "cool."
"Weniger berichtet, mehr gequatscht"
Angesichts solcher Ideen und Details hatte es diesmal die Jury wieder schwer, unter den insgesamt 81 Bewerbungen einige hervorzuheben. Wenn er die heutigen Schülerzeitungen mit der vergleiche, an der er vor 40 Jahren mitgearbeitet habe, sagt SZ-Journalist Schäfer, "dann waren wir Amateure".
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Von der Professionalität der Zeitungen können sich am Montag neben Staatssekretärin Stolz - die den erkrankten Minister Michael Piazolo (FW) vertrat - unter anderem die Abgeordneten Matthias Fischbach (FDP), Margit Wild (SPD) und Anna Schwamberger (Grüne) sowie Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) überzeugen. Wobei letztere einräumt, nie Teil einer Schülerzeitungsredaktion gewesen zu sein: Ihr sei stattdessen der Weg in die Politik wohl vorgezeichnet gewesen, da sie "weniger berichtet, mehr gequatscht" habe.
Auffällig ist in der jüngsten Blattmacher-Runde die thematische Vielfalt. Manche Schülerzeitungen rückten den Krieg in der Ukraine in den Mittelpunkt, während andere abseits der Weltlage nach eigenen Schwerpunkten suchten. Fürs mäxle etwa setzte man an der Dr.-Max-Josef-Metzger-Schule Meitingen voll auf "retro", von Retro-Kleidung im Schulhaus bis zum fast vorsintflutlichen Tastenhandy. Am Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach fokussierte sich PEERPlus hingegen auf die Frage: "alles gut?" Antwort, Achtung, Spoiler: nein, aber ja auch.
Das alles klingt ziemlich anspruchsvoll - vor allem angesichts der Tatsache, dass die jungen Journalisten ihr Handwerk neben dem eh schon fordernden Schulalltag ausüben, irgendwann zwischen Hausaufgaben und Sportverein. Wie daraus am Ende trotzdem erfolgreich eine Zeitung wird, verrät die Redaktion der Schnellen Zeile (Grundschule Nördlingen-Mitte): "Wir haben einfach das gemacht, was uns Spaß macht."
Immer mehr Online-Auftritte
Auffällig ist auch der Drang ins Netz, also dorthin, wo die Redakteure wie Leser ganz selbstverständlich unterwegs sind. Von allen Einreichungen konzentrierte sich ein Drittel auf die Kategorie Online. Die drei Erstplatzierten zeigen stellvertretend, was digital möglich ist.
Der springende Punkt des Sonderpädagogischen Förderzentrums Freising begeisterte die Jury unter anderem mit "sauberer Optik" und Humor. Die frido-Redaktion der Staatlichen Berufsoberschule Friedberg machte mit aktuellen Artikeln auf sich aufmerksam. Und der Blog im Blauen Land überzeugte als "multimediale Wundertüte": inklusive Essay über Kinderarmut, Karikatur mit Coronavirus, Podcast über den Ukraine-Krieg und eigenem Instagram-Auftritt. Wöchentlich gehen auf dem Webauftritt der Realschule Murnau neue Texte online - so ein Pensum muss man erst mal stemmen.
Zu einem Preis gehört natürlich auch ein Preisgeld. Dieses übernimmt die Nemetschek Stiftung, die sich der Demokratieförderung verschrieben hat. "Demokratische Bildung fängt in der Schule an", sagt Projektleiterin Silke Zimmermann. Und: "Uns ist wichtig, Wertschätzung zurückzugeben." Je 200 Euro erhalten die Dritt-, je 300 Euro die Zweit- und je 500 Euro die Erstplatzierten. Letztere werden zudem für ein Jahr Teil des sogenannten Clubs der Besten: Sie dürfen sich nun auf Workshops freuen, unter anderem mit dem Chef der SZ-Bayernredaktion Sebastian Beck, der am Montag mit Ex-Blattmacher-Gewinnerin Charlette Maier durch die Preisvergabe führt.
Für die mal leisen, mal lauten, aber immer gefühlvollen Zwischentöne ist die Münchner Musikerin Ami Warning mit ihrer Gitarre zuständig. Manche Textzeile könnten die Anwesenden dabei durchaus als Motivation für die nächste Ausgabe und die dann 18. Runde des Blattmacher-Wettbewerbs verstehen. Ihr Song "Fliegen", etwa widmet sich dem Durchziehen gegen alle Widerstände, egal, was andere sagen. "Wenn du es wirklich willst / Dann renn einfach los" - und mach' preisverdächtige Schülerzeitungen.
Die Preisträger:
Grundschulen: 1. Ketchup, Wunderburgschule Bamberg; 2. Die Schnelle Zeile, Grundschule Nördlingen-Mitte; 3. Die Lincis, Grundschule und Tagesheim an der Lincolnstraße München.
Mittelschulen: 1. The Waldi Times, Freie Waldorfschule Landsberg (Gesamtschule); 2. Hummelnews, Mittelschule Hummelsteiner Weg Nürnberg; 3. Flugblatt, Montessori-Schule Dachau.
Förderschulen: 1. KOKO, Adolf-Kolping Berufsschule München; 2. Sonnenklar, Ludwig-Reinhard-Schule Kaufbeuren; 3. Nord-Ost Post, Sonderpädagogisches Förderzentrum München Nord-Ost.
Gymnasien: 1. PEERplus, Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach, 2. Camerjäger, Camerloher-Gymnasium Freising; 3. Blickkontakt, Von-Müller-Gymnasium Regensburg.
Realschulen: 1. Die Idee, Maria-Ward-Realschule Mindelheim; 2. &Punkt, Staatliche Realschule Schonungen; 3. Mäxle, Dr.-Max-Josef-Metzger-Schule Meitingen.
Berufliche Schulen: 1. EUROPAblatt, Samuel-Heinicke-Fachoberschule München; 2. Zoom, Fach- und Berufsoberschule Freising; 3. Eigenleben, Klara-Oppenheimer-Berufsschule Würzburg.
Online: 1. Blog im Blauen Land, Realschule im Blauen Land Murnau; 2. friedo, Berufliche Oberschule Friedberg; 3. Der springende Punkt, SFZ Freising.