Naturfrevel:Rappenalpbach wird wiederhergestellt

Lesezeit: 3 min

Der Rappenalpbach vor seiner Zerstörung durch die Alpbauern. Umweltminister Thorsten Glauber kündigte jetzt eine schnelle Sanierung des Naturschutzgebiets an. (Foto: Herbert Stadelmann/BN)

Umweltminister Thorsten Glauber kündigt die Sanierung des Naturschutzgebiets in den Allgäuer Alpen an - gleich nach der Schneeschmelze. Alpbauern hatten den Bach ausgebaggert und begradigt.

Von Christian Sebald

Nach der Schneeschmelze im Frühjahr wird der Rappenalpbach wiederhergestellt. Das hat Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) am Donnerstag im Umweltausschuss des Landtags versichert. "Wir werden die Vertiefung und die Kanalisierung des Wildbachs rückgängig machen und alles tun, um ihm seine ursprüngliche Dynamik zurückzugeben", sagte Glauber. "Die Planungen laufen bereits." Zugleich verurteilte er den Naturfrevel abermals. "So ein Eingriff in ein Schutzgebiet ist nicht hinnehmbar, das war sicher kein Versehen", sagte der Minister und wies darauf hin, dass den Tätern bei solchen Umweltdelikten Bußgeld von bis zu 50 000 Euro und sogar Haftstrafen von bis zu zehn Jahren drohen.

Die Zerstörung des Rappenalpbachs ist der schlimmste Naturfrevel seit Jahren in Bayern. Der Bergbach, der das Rappenalptal nahe der Oberallgäuer Ortschaft Oberstdorf durchfließt, zählt zu den Naturschätzen Bayerns. Er ist nach deutschem und europäischem Recht streng geschützt und zieht zahlreiche Besucher an - natürlich auch wegen der idyllischen Alpweiden dort, auf der in der warmen Jahreszeit Jungrinder und Kühe grasen. An den Ufern des Rappenalpbachs leben zahlreiche seltene Heuschrecken, besondere Schmetterlinge sowie der Flussuferläufer und andere vom Aussterben bedrohte Vogelarten.

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Diesen Herbst haben die Alpbauern den Rappenalpbach auf 1,6 Kilometer Länge auf bis zu zweieinhalb Metern Tiefe ausgebaggert, begradigt und kanalisiert - um Schäden zu beseitigen, die ein Hochwasser im August 2022 hinterlassen hat, wie sie sagen. An einigen Abschnitten haben die Arbeiter mit ihren schweren Geräten sogar die Bachsohle durchstoßen, sodass der Rappenalpbach dort versiegt ist. Betroffen ist eine Fläche von neun Hektar. Das entspricht ungefähr zwölf Fußballfeldern. Auf ihr ist die vormalige, einzigartige Pflanzen- und Tiervielfalt komplett verloren. Nach Einschätzung von Naturschützern ist offen, ob sie sich wiederherstellen lässt.

Zweieinhalb Meter tief haben die Alpbauern den Rappenalpbach ausbaggern lassen. In einigen Abschnitten haben sie sogar die Bachsohle durchstoßen, sodass er dort versickert. (Foto: Barbara Frey/BN)

Seit der Naturfrevel im Oktober bekannt geworden ist, tobt ein wüster Streit darüber, wer die Verantwortung dafür hat. Zwar sind sich Naturschützer, Behörden, Juristen und auch die Gerichte einig, dass flussbauliche Arbeiten von einem solchen Ausmaß in einem so hochkarätigem Naturschutzgebiet nicht genehmigungsfähig sind und auch nicht genehmigt waren. Offen ist aber, welche Rolle das Landratsamt in dem Fall gespielt hat. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München warf der Behörde unlängst vor, sie habe sich den Alpbauern gegenüber - vorsichtig formuliert - so missverständlich geäußert, dass diese annehmen konnten, die Arbeiten seien im Rahmen. Außerdem sei das Landratsamt bei einem später von ihm ausgesprochenen Baustopp und dessen Kontrollen zu lax verfahren.

Für Umweltminister Glauber ist der Fall dennoch eindeutig. "Natürlich sind auch in der Vergangenheit im Rappenalptal immer wieder Hochwasserschäden beseitigt worden", sagte er auf Nachfrage vor dem Ausschuss. "Aber das waren Unterhaltsmaßnahmen." Da sei der Kies von den Weiden geholt worden, den der Gebirgsbach dorthin gespült hat. Die aktuelle Ausbaggerung, Begradigung und Kanalisierung ist aus seiner Sicht eine komplett andere Dimension. "Das ist ein Gewässerausbau", sagte Glauber. Ein solcher ist in einem Naturschutzgebiet grundsätzlich nicht erlaubt. Außerdem würde er ein kompliziertes und aufwendiges Genehmigungsverfahren erfordern und ist auf keinen Fall nur auf eine Absprache hin möglich.

CSU und FW äußern viel Verständnis für die Alpbauern

CSU und Freie Wähler zeigten gleichwohl sehr viel Verständnis für die Alpbauern. Beide Parteien warnten eindringlich vor ihrer Vorverurteilung. Aus Sicht des CSU-Abgeordneten und Vizechefs des Umweltausschusses, Eric Beißwenger, stellt sich der Naturfrevel außerdem längst nicht so dramatisch dar wie aus Expertensicht. "Das ist jetzt eine Situation wie nach einem Hochwasser, wie wir es alle ein bis fünf Jahre haben", sagte er. "Es gibt auch noch Lebensräume." Und dass der Rappenalpbach nach den Arbeiten abschnittsweise versiegt ist, nannte er "typisch für eine lockere, schotterreiche Flusssohle". Benno Zierer (FW) forderte, auf "die Selbstheilungskräfte der Natur" zu vertrauen, und gab sich zuversichtlich, dass die Zerstörungen "nach ein, zwei Jahren wieder eingewachsen sind".

Grüne, SPD und FDP wollen zunächst detailliert wissen, wie der Naturfrevel passieren konnte. "Bei der Untersuchung und Aufklärung dieses Falls darf es keine Tabus geben", sagte die Grünen-Politikerin und Vorsitzende des Umweltausschusses, Rosi Steinberger. "Selbst wenn staatliche Stellen beteiligt waren, muss klar benannt werden, wo es Fehler gab." Christoph Skutella (FDP) verlangte ebenfalls eine "zügige und transparente Aufklärung, vor allem auf lokaler Ebene". Florian von Brunn (SPD) forderte eine gezielte Beratung der Alm- und Alpbauern, was sie in Naturschutzgebieten tun dürften und was sie unterlassen müssen. Ansonsten werde sich ein Frevel wie im Rappenalptal alsbald wiederholen.

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