Naturschutz in Bayern:Der Artenschwund hält an

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Der Stieglitz oder Distelfink ist seit einigen Jahren wieder häufiger in Bayern anzutreffen. Nach Angaben von Naturschützern wachsen die Bestände um drei Prozent im Jahr. (Foto: Erich Obster/LBV)

Zwar melden die Naturschützer beim Stieglitz und einigen anderen Arten Erfolge. Aber vor allem in den Agrarregionen bleiben die Verluste hoch - die Uferschnepfe ist sogar akut vom Aussterben bedroht.

Von Christian Sebald

Es ist noch nicht so lange her, dass sich die Naturschützer in Bayern große Sorgen um den Stieglitz gemacht haben. Bis weit in die Zehnerjahre hinein haben die Bestände des eigentlich weit verbreiteten Singvogels von Jahr zu Jahr abgenommen. Er ist etwas kleiner als der Spatz und zählt mit seiner roten Gesichtsmaske, dem schwarzen Hinterkopf und den markanten gelben Binden auf den ansonsten schwarz gefiederten Flügeln zu den buntesten heimischen Vögeln. 2016 wurde der Stieglitz, dessen Ruf wie das Wort "Stiglit" klingt, deshalb sogar auf die Vorwarnliste der Roten Liste gesetzt.

Dann kam die Trendwende. Die Stieglitz-Bestände haben sich nicht nur stabilisiert. Sondern sie nehmen wieder zu - um etwa drei Prozent im Jahr, wie das Monitoring häufiger Brutvögel des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) zeigt. "Der Stieglitz ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte des Naturschutzes", sagt LBV-Chef Norbert Schäffer. Und zwar nicht die einzige in Bayern. Die Wiederausbreitung der Weißstörche, Wanderfalken und Wiesenweihen sind ebenfalls welche. Freilich brauchte es für sie ausgeklügelte Artenhilfsprogramme und viel Engagement.

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Diese Erfolge dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Artenschwund auch im Freistaat anhält. Das betont Schäffer anlässlich des Welttags des Artenschutzes am Sonntag. Er findet jedes Jahr am 3. März statt. Die Vereinten Nationen, die ihn ausgerufen haben, wollen damit auf das Artensterben weltweit aufmerksam machen. "Die Artenkrise betrifft nicht nur den Eisbären in der Arktis oder den Orang-Utan im tropischen Regenwald", sagt Schäffer. "Sondern auch Rebhuhn, Segelfalter und Moorfrisch direkt bei uns in Bayern." Die Rebhuhn-Verluste etwa betragen inzwischen 95 Prozent.

Hierzulande ist die Artenkrise, wie das Artensterben neuerdings in der Fachwelt heißt, am dramatischsten in den Agrarregionen, wo die Bauern viel chemischen Pflanzenschutz und Dünger ausbringen, die Wiesen häufig mähen und die Fluren so ausgeräumt sind, dass es kaum Hecken, Feldraine und andere Lebensräume für Wildtiere gibt. Auch die nach wie vor weitverbreitete Entwässerung der Landschaften mit Gräben und Drainagen ist schlecht für die Artenvielfalt. Braunkehlchen, Brachvogel, Uferschnepfe und Co. sind nämlich angewiesen auf feuchte Wiesen mit Mulden, in denen das Wasser steht.

Die Uferschnepfe, hier ein Exemplar in den Niederlanden, ist in Bayern sehr stark gefährdet. (Foto: Wilfried Martin/Imago/imagebroker)

Von der Uferschnepfe etwa gibt es aktuell nur noch elf Brutpaare - in ganz Bayern. "Sie liegt bildlich gesprochen auf der Intensivstation", sagt Schäffer. "Ohne gezielte Schutzmaßnahmen ist sie in absehbarer Zeit hier bei uns ausgestorben." Der LBV will sich damit nicht abfinden. "Die Natur hat ein Eigenrecht und jede Art ihr Existenzrecht", sagt Schäffer. "Außerdem hat der Schutz der Natur Verfassungsrang in Deutschland und in Bayern."

Das ist es aber nicht allein. "Ohne intakte Natur sind die Lebensgrundlagen von uns Menschen in Gefahr", sagt Schäffer. "Man muss nur an die Bestäubungsleistung der Insekten denken und ihre Bedeutung für die Landwirtschaft." Außerdem ist längst nicht nur wissenschaftlich erwiesen, dass eine vielfältige Vogelwelt den Menschen guttut. Sondern ein jeder kann das spüren, wenn er in diesen ungewöhnlich lauen Vorfrühlingstagen morgens vor seinem Fenster einen Stieglitz oder einen anderen heimischen Vogel pfeifen hört.

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