Naturschutz:Weitere Brachvögel bekommen GPS-Sender auf den Rücken

Lesezeit: 2 min

Das ist der Patenvogel der Süddeutschen Zeitung, besser bekannt unter dem Namen "Schnepfingerin". (Foto: LBV)

Der Große Brachvogel ist selten geworden in Bayern. In einem Forschungsprojekt wurden daher bislang 33 Tiere dauerüberwacht. Ihre Reiserouten führen dabei erstaunlich weit in den Süden.

Von Christian Sebald, Hilpoltstein

Der Große Brachvogel zählt zu den seltensten Arten in Bayern. Auf der Roten Liste wird er seit Jahren in Kategorie I geführt. Das heißt, die Art ist akut vom Aussterben bedroht. "Bayernweit gibt es keine 500 Brutpaare mehr", sagt die Biologin Verena Rupprecht vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Dabei waren die Schnepfenvögel mit dem auffälligen, graubraun gefleckten Gefieder und dem langen, kräftigen und gebogenen Schnabel einst weit verbreitet. Ihre Lebensräume waren die Moore und Wiesenlandschaften an den großen und kleinen Flüssen. Viele davon wurden in den vergangenen Jahrhunderten trockengelegt und in Ackerland umgewandelt. Dies ist wohl der zentrale Grund dafür, warum es immer weniger Brachvögel gibt in Bayern - und zwar obwohl der Freistaat schon vor 40 Jahren ein millionenschweres Artenhilfsprogramm für sie aufgelegt hat.

Vor fünf Jahren hat der LBV ein aufwendiges Forschungsprojekt gestartet, um herauszubekommen, wie man den Brachvögeln in Bayern auf die Beine helfen kann. Dazu hat er bisher 33 Tiere mit hochmodernen GPS-Geräten ausgestattet, aktuell sind neun am Sender. "Mit den Geräten können wir rund um die Uhr mitverfolgen, was die Brachvögel alles tun", sagt Rupprecht, "sogar in ihren Überwinterungsgebieten in Frankreich, Südspanien, Portugal und Marokko und auf ihren etliche tausend Kilometer langen Flügen hin und zurück." Nun geht das Projekt in die letzte Runde. In diesem Jahr sollen noch einmal sieben junge Brachvögel Sender auf den Rücken geschnallt bekommen. Die Geräte werden dann bis mindestens 2024 Daten liefern.

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Das Forschungsprojekt hat freilich bereits einige Erkenntnisse erbracht. "So haben die bayerischen Brachvögel keine lineare Zugroute in ihre Überwinterungsgebiete, jeder scheint sich seine eigene Strecke zu suchen", sagt die Biologin. "Der Korridor reicht von Italien bis Spanien." Außerdem hatten die Forscher nicht damit gerechnet, dass die Überwinterungsgebiete so weit über Südwesteuropa und Nordafrika verstreut sind. Von den neun Brachvögeln in dem Projekt halten sich aktuell zwei in Spanien auf, jeweils drei sind in Portugal und Frankreich unterwegs und einer ist sogar bis nach Marokko geflogen.

Auch aus Bayern meldet Rupprecht neue Erkenntnisse. So steuern die Brachvögel hierzulande abends zentrale Übernachtungsplätze an, wo sie vergleichsweise sicher sind vor Füchsen und anderen Fressfeinden. "Ein prominentes Beispiel dafür ist die Vogelinsel im Altmühlsee", sagt Rupprecht, "auf ihr versammeln sich nächtens bis zu 80 Brachvögel." Die Tiere nehmen dafür sogar teils weite Wege in Kauf, auch Jungvögel, die eben erst flügge geworden sind.

Der wohl prominenteste Brachvogel in dem Projekt ist Schnepfingerin. Die Süddeutsche Zeitung hat das Brachvogel-Weibchen mehr als ein Jahr lang in ihrer bayerischen Heimat im Königsauer Moos (Kreis Dingolfing-Landau) und in ihrem Überwinterungsgebiet im südspanischen Nationalpark Coto de Doñana begleitet. Im März 2020 verschwand Schnepfingerin auf dem Rückflug von dort nach Bayern von einem Moment auf den anderen spurlos vom Himmel. Beim LBV waren sie sich sicher, dass das Brachvogel-Weibchen im Flug von einem Wilderer abgeschossen worden war.

Ein Jahr später tauchte Schnepfingerin auf einmal quicklebendig im Königsauer Moos auf. Freilich ohne GPS-Sender. Der hatte sich offenkundig im Jahr zuvor plötzlich von ihrem Rücken gelöst. Als Grund nehmen sie beim LBV einen vorzeitigen Materialverschleiß an. Anhand der Beringung an ihren Beinen haben die LBV-Experten Schnepfingerin jedoch eindeutig identifizieren können. Sie wird übrigens inzwischen immer wieder gesichtet. Zuletzt vor wenigen Wochen im Nationalpark Coto de Doñana. "Wir gehen fest davon aus, dass die Schnepfingerin auch dieses Jahr wieder ins Königsauer Moos zurückkehrt", sagt Rupprecht. "Womöglich ist sie ja schon da, und es hat nur noch keiner mitbekommen."

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