Uralte Buchen, die wie die mächtigen Säulen einer Kathedrale 40 Meter hoch in den Himmel ragen, stille Wiesentäler, durch die naturbelassene Bäche mäandern, und Schluchtwälder, deren Abhänge so steil abfallen, dass sich dort die Forstwirtschaft nicht lohnt. Dazu seltene Arten wie der Schwarzspecht, die Wildkatze und die Bechsteinfledermaus. Das ist der Steigerwald, ein stilles Waldgebiet mit sanften Höhenzügen im Drei-Franken-Eck an der Strecke zwischen Nürnberg und Würzburg.
Seit ziemlich genau 15 Jahren gibt es Forderungen, dass in der Region Bayerns dritter Nationalpark eingerichtet wird. Bisher sind sie stets am Veto von CSU und Freien Wählern (FW) gescheitert. Nun startet ein Bündnis aus etlichen Verbänden und Organisationen einen neuen Anlauf. Es beruft sich auf eine aktuelle Umfrage, nach der sich fast drei Viertel der Wahlberechtigten in Bayern einen Nationalpark im Steigerwald wünschen.
Die repräsentative Umfrage stammt aus dem Juni und ist vom Meinungsforschungsinstitut Kantar Public durchgeführt worden. In ihr sprachen sich 73 Prozent der Befragten für einen Nationalpark im Steigerwald aus. Unter den Anhängern der CSU waren es mit 76 Prozent sogar noch drei Prozentpunkte mehr. Das ist ein deutliches Plus gegenüber vorangegangenen Umfragen. 2018 hatten 64 Prozent der Befragen für einen Nationalpark im Steigerwald plädiert, bei den CSU-Anhängern waren es seinerzeit 67 Prozent. Immens ist in der aktuellen Umfrage außerdem die Zustimmung zur Ausweisung weiterer Naturwälder im Freistaat, in denen wie in Nationalparks die Forstwirtschaft unterbleibt. 88 Prozent der Befragten fänden es laut Kantar Public richtig, wenn bayernweit weitere Naturwälder eingerichtet würden, unter den CSU-Anhängern sind es sogar 91 Prozent.
Die CSU solle wieder zur "Nationalpark-Partei" werden, fordert BN-Chef Richard Mergner
Das Nationalpark-Bündnis fordert denn auch CSU und FW auf, ihre bisherige Blockadehaltung aufzugeben. "Unsere Umfrage sollte für die CSU Anlass werden, von einer Nationalpark-Verhinderungspartei wieder zu der Nationalpark-Partei zu werden, die sie vor 40 Jahren mit der Gründung der beiden Nationalparks im Bayerischen Wald und in Berchtesgaden einmal war", sagt der Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Richard Mergner. "Auch die CSU gewinnt mit einem Nationalpark im Steigerwald, Bayern und Franken sowieso."
Helmut Beran vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) betont die herausragende Bedeutung, die die alten Buchenwälder im Steigerwald für den Naturschutz in Bayern haben. Liebhard Löffler vom Verein Nationalpark Steigerwald verweist darauf, dass ein Großschutzgebiet inzwischen in der Region ebenfalls auf eine breite Unterstützung zählen könnte. "Bei der letzten Umfrage 2020 lagen die Zustimmungswerte im Steigerwald bei 75 Prozent", sagt Löffler, "das war schon damals so viel wie jetzt in ganz Bayern."
Bei CSU und Freien Wählern dürfte die Initiative - zumindest vorerst - auf wenig Gehör stoßen. Ministerpräsident Markus Söder und Forstministerin Michaela Kaniber hatten erst kürzlich einen neuen Waldpakt mit mehreren Verbänden der Waldbesitzer und der Bauern geschlossen. Darin hatten sich beide zu deren Forderung bekannt, den Naturschutz in Bayerns Wälder nicht auszuweiten und stattdessen auf deren nachhaltige Bewirtschaftung zu setzen. Insbesondere erteilten sie der sogenannten Stilllegung eine Absage. Darunter verstehen Forstleute, dass man die Bewirtschaftung von Wäldern aufgibt und sie - wie in einem Nationalpark - sich selbst und der natürlichen Entwicklung überlässt. Von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger ist ebenfalls bekannt, dass er der Stilllegung von Wäldern nichts abgewinnen kann.