Tierwohl:Kühe und Schweine vor dem Hitzekollaps bewahren

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  • Schweine und Kühe können nicht schwitzen, daher ist eine gute Belüftung in den Ställen unerlässlich.
  • Wenn die Sommer noch heißer werden, müssen die Bauern in Technik investieren.
  • Erst kürzlich erstickten 200 Schweine in einem automatisierten Stall, weil die Lüftung nach einem Stromausfall versagte.

Von Katharina Aurich, Freising

Die Technisierung in der Landwirtschaft wird immer komplexer, ein Wohlbefinden der Tiere garantieren die automatischen Stallsysteme aber nicht. Besonders erschreckend war kürzlich der Fall von über 200 Schweinen, die nachts in ihrem Stall in Nandlstadt erstickten. Offensichtlich haben alle vorgeschriebenen Alarmsysteme versagt.

In konventionellen Betrieben stehen Schweine in der Regel auf Spaltenböden und nicht auf Stroh. Wenn sie schlafen, atmen sie die Schadgase ihrer Exkremente ein. Falle die Lüftung aus und es gelange kein Sauerstoff mehr in den Stall, gehe es ganz schnell und die Tiere erstickten an Sauerstoffmangel und hoher Schadgaskonzentration, beschreibt Landwirt Georg Schmid aus Untergartelshausen die Situation. Schmid hält selbst Schweine. Die Hitze habe das Ganze wohl noch beschleunigt. Der Nandlstädter Fall sei vermutlich eine Verkettung unglücklicher Umstände, die Alarmanlage habe nicht funktioniert und den Stromausfall gemeldet. So etwas dürfe nicht passieren, betont er.

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In seinem Stall hat er eine Alarmanlage installiert, die unabhängig vom Netz mit einer Batterie läuft und wie eine Sirene aufheult, wenn der Strom ausfällt. Dann setzt Schmid sein Notstromaggregat ein, um die Lüftung in Gang zu halten. Jeder Betrieb müsse laut gesetzlichen Vorgaben über eine unabhängige Alarmanlage und Stromnotversorgung verfügen, betont er. Kontrolliert werden das ungefähr einmal jährlich. Schmid hat seinen Stall vor 20 Jahren so gebaut, dass er im Notfall auch ohne Strom über Fenster und Schächte belüftet werden kann. Nicht nur der Fall der erstickten Schweine, sondern auch die hohen Temperaturen beschäftigen die landwirtschaftlichen Tierhalter. Denn für Menschen und auch für Schweine und Kühe sind anhaltend 30 Grad und mehr belastend. In den hoch technisierten, geschlossenen Schweine- und Kuhställen werden die Ventilatoren aufgedreht, denn Schweine und Kühe können nicht schwitzen.

Johannes Zahner von der Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising sieht die Schweineställe schon jetzt an ihren technischen Grenzen. Die Lüftungen reichten bei anhaltend hohen Temperaturen kaum noch aus, der Klimawandel betreffe Tierhalter massiv. Landwirte aus dem Landkreis berichten, dass sie und ihre Tiere die Hitze bisher gut überstanden haben, blicken jedoch mit Sorge in die Zukunft, wenn es vermutlich längere und heißere Perioden gebe. Nicht nur der Stromverbrauch werde steigen, sondern die Systeme müssten nachgerüstet werden, fürchtet Schweinehalter Schmid. Seine Tiere haben bisher keine Probleme mit der Hitze, da die Mauern des Schweinestalls dick seien und es nachts abkühle. Die Lüftung blase stetig frische Luft in den Stall.

Wie der Mensch fühlen sich auch Schweine bei 20 Grad am wohlsten, beschreibt der Landwirt. Steigen die Temperaturen über 25 Grad, fressen die Tiere weniger und trinken mehr - und nehmen natürlich weniger zu. Wird es kühler, holen sie das schnell nach, setzen dann aber mehr Fett als Muskeln an und der Schlachtkörper wird weniger wert. Problematisch werde es jedoch, so Schmid, wenn es dauerhaft tagsüber heiß bleibe und auch nachts nicht mehr abkühle, sodass die Stallmauern sich dauerhaft aufwärmten. Dann müssten Schweinehalter wohl oder übel Klimaanlagen in ihre Ställe einbauen.

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Johannes Zahner von der Landesanstalt berichtet, die Berater empfehlen konventionell wirtschaftenden Landwirten jetzt stärkere Ventilatoren, sodass der Wind bis unter das Fell der Kühe kommt. Auch seien Duschen, die die Tiere selbst bedienen, für Kühe und Schweine eine gute Sache. Allerdings dürften die Ställe dann nicht geschlossen, sondern müssten gut durchlüftet sein, sonst bekämen die Tiere eine Sauna. In Zukunft wird das Wohlbefinden oder gar Überleben der Tiere noch stärker von funktionierender Technik abhängen.

© SZ vom 23.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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