Die Technisierung in der Landwirtschaft wird immer komplexer, ein Wohlbefinden der Tiere garantieren die automatischen Stallsysteme aber nicht. Besonders erschreckend war kürzlich der Fall von über 200 Schweinen, die nachts in ihrem Stall in Nandlstadt erstickten. Offensichtlich haben alle vorgeschriebenen Alarmsysteme versagt.
In konventionellen Betrieben stehen Schweine in der Regel auf Spaltenböden und nicht auf Stroh. Wenn sie schlafen, atmen sie die Schadgase ihrer Exkremente ein. Falle die Lüftung aus und es gelange kein Sauerstoff mehr in den Stall, gehe es ganz schnell und die Tiere erstickten an Sauerstoffmangel und hoher Schadgaskonzentration, beschreibt Landwirt Georg Schmid aus Untergartelshausen die Situation. Schmid hält selbst Schweine. Die Hitze habe das Ganze wohl noch beschleunigt. Der Nandlstädter Fall sei vermutlich eine Verkettung unglücklicher Umstände, die Alarmanlage habe nicht funktioniert und den Stromausfall gemeldet. So etwas dürfe nicht passieren, betont er.
Über 200 Schweine verendet:Tierrechtsorganisation erstattet Anzeige
Im Fall der 213 verendeten Tiere in einem Stall in Nandlstadt hält Peta grobe Fahrlässigkeit des Betriebs für möglich.
In seinem Stall hat er eine Alarmanlage installiert, die unabhängig vom Netz mit einer Batterie läuft und wie eine Sirene aufheult, wenn der Strom ausfällt. Dann setzt Schmid sein Notstromaggregat ein, um die Lüftung in Gang zu halten. Jeder Betrieb müsse laut gesetzlichen Vorgaben über eine unabhängige Alarmanlage und Stromnotversorgung verfügen, betont er. Kontrolliert werden das ungefähr einmal jährlich. Schmid hat seinen Stall vor 20 Jahren so gebaut, dass er im Notfall auch ohne Strom über Fenster und Schächte belüftet werden kann. Nicht nur der Fall der erstickten Schweine, sondern auch die hohen Temperaturen beschäftigen die landwirtschaftlichen Tierhalter. Denn für Menschen und auch für Schweine und Kühe sind anhaltend 30 Grad und mehr belastend. In den hoch technisierten, geschlossenen Schweine- und Kuhställen werden die Ventilatoren aufgedreht, denn Schweine und Kühe können nicht schwitzen.
Johannes Zahner von der Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising sieht die Schweineställe schon jetzt an ihren technischen Grenzen. Die Lüftungen reichten bei anhaltend hohen Temperaturen kaum noch aus, der Klimawandel betreffe Tierhalter massiv. Landwirte aus dem Landkreis berichten, dass sie und ihre Tiere die Hitze bisher gut überstanden haben, blicken jedoch mit Sorge in die Zukunft, wenn es vermutlich längere und heißere Perioden gebe. Nicht nur der Stromverbrauch werde steigen, sondern die Systeme müssten nachgerüstet werden, fürchtet Schweinehalter Schmid. Seine Tiere haben bisher keine Probleme mit der Hitze, da die Mauern des Schweinestalls dick seien und es nachts abkühle. Die Lüftung blase stetig frische Luft in den Stall.
Wie der Mensch fühlen sich auch Schweine bei 20 Grad am wohlsten, beschreibt der Landwirt. Steigen die Temperaturen über 25 Grad, fressen die Tiere weniger und trinken mehr - und nehmen natürlich weniger zu. Wird es kühler, holen sie das schnell nach, setzen dann aber mehr Fett als Muskeln an und der Schlachtkörper wird weniger wert. Problematisch werde es jedoch, so Schmid, wenn es dauerhaft tagsüber heiß bleibe und auch nachts nicht mehr abkühle, sodass die Stallmauern sich dauerhaft aufwärmten. Dann müssten Schweinehalter wohl oder übel Klimaanlagen in ihre Ställe einbauen.
Im Kuhstall fehlen jetzt im Sommer die Wände
Im Kuhstall der Familie Pellmeyer in Freising wurden im vergangenen heißen Sommer pragmatisch alle Wände herausgerissen, so dass immer ein leichter Windhauch zu spüren ist, schildert Elvira Pellmeyer. Außerdem gibt es eine Tröpfchenbewässerung der Luft und das Wasser wird durch die Ventilatoren zu einer Art Schleier vernebelt. Die 90 Fleckviehkühe stünden immer in leicht feuchter Luft und kämen so gut mit der Hitze zurecht. Im Winter wird die Nordseite des Stalls verhängt, so gewöhnen sich die Kühe langsam an die kälteren Temperaturen, berichtet die Landwirtin. Je mehr Milch eine Kuh gebe, um so kühler müsse ihre Umgebungstemperatur sein, zwischen null und zehn Grad liegt das Optimum der Hochleistungstiere.
Johannes Zahner von der Landesanstalt berichtet, die Berater empfehlen konventionell wirtschaftenden Landwirten jetzt stärkere Ventilatoren, sodass der Wind bis unter das Fell der Kühe kommt. Auch seien Duschen, die die Tiere selbst bedienen, für Kühe und Schweine eine gute Sache. Allerdings dürften die Ställe dann nicht geschlossen, sondern müssten gut durchlüftet sein, sonst bekämen die Tiere eine Sauna. In Zukunft wird das Wohlbefinden oder gar Überleben der Tiere noch stärker von funktionierender Technik abhängen.