Brauchtum:Der Niedergang des Josefstags

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Beim Josefifest am Reutberg gehört traditionell Fingerhakeln dazu. (Foto: Manfred Neubauer)

Einst Feiertag und eine der stolzesten Bastionen der Lebensfreude, Brüderlichkeit und Toleranz, zerschellt der 19. März nun am Zeitgeist.

Von Hans Kratzer

Das waren noch fidele Zeiten, damals in den 1960er-Jahren, als am Josefitag (19. März) die Schulen und Fabriken geschlossen blieben. Josefi war in Bayern von altersher ein Feiertag, und nachdem der Kurfürst Ferdinand Maria 1663 den heiligen Josef zum Landespatron erklärt hatte, begannen die Bayern am Ehrentag ihres Patrons erst recht zu faulenzen und ihn mit Starkbier und fetten Würsten zu würdigen. Ein Brauch, der dem aktuellen Hang zur Viertagewoche und zur Work-Life-Balance schon in grauer Vorzeit bestens gerecht wurde.

Die Misere begann 1968, als der Feiertag Josefi abgeschafft wurde - ausgerechnet von der CSU, die damals fast in Armeestärke aus Männern mit dem Vornamen Josef bestand. Eine "saumäßige Schande" sei dies, schimpften die Träger dieses Namens. Sie gründeten aus Trotz die "Königlich Bayerische Josefspartei", deren einziges Ziel die Wiedereinsetzung des Josefstags als staatlicher Feiertag ist. Aber längst hat die allgemeine Depression auch die 6000 Mitglieder starke Josefspartei erfasst. Auf deren Homepage ist zu lesen, dass aufgrund mangelnder Nachfrage und Beteiligung der Parteitag der Josefsfreunde bis auf Weiteres ausgesetzt wird.

Der Josefstag, eine der stolzesten Bastionen der Lebensfreude, der Brüderlichkeit und der Toleranz, zerschellt gerade am Zeitgeist. Selbst der Landtag, stets ein Hort josefinischer Großschädel, schlittert langsam in eine Josefskrise. Waren in der Legislaturperside 1946-50 noch 21 Josefs oder Seppn im Parlament vertreten, schwand deren Zahl in den Jahren 1954/58 bereits auf 16. In den Jahren 1970/74 hörten bloß noch neun Politiker auf den Namen Josef. Im aktuellen Landtag sitzen lediglich vier Abgeordnete, die Josef heißen (Josef Heisl, CSU, Josef Lausch, FW, Josef Schmid, CSU, und Josef Zellmeier, CSU). Aber auch dieses Quartett nähert sich langsam einem Alter, in dem die Köpfe breiter und die Haare lichter werden.

Immerhin gibt es noch Wirtshäuser, die bereit sind, den verbliebenen Josefs, Seppen und Josefinen zum Namenstag eine Freimass zu spendieren. Und die Wendelsteinbahn lädt am Josefstag sogar alle Träger dieses Namens zu einer kostenlosen Berg- und Talfahrt ein. Bei allem Respekt sei freilich auch erwähnt, dass durchaus nicht jeder Josef als Vorbild taugt. Nicht umsonst besagt ein alter Spruch: "Sepp der Depp hat 's Geld verschleckt, hat 's Haus verkafft und mitm Bettelweib grafft."

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