Unter Bayern:Zünseln zwischen Himmel und Erde

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Unter anderem der Buchsbaumzünsler verhindert vorerst, dass Bayern endgültig zum Paradies wird. (Foto: Christian Endt)

Selbst in der Vorstufe zum Paradies gibt es Probleme. Aber sonst wäre es ja nicht nur die Vorstufe.

Glosse von Matthias Köpf

Jetzt nicht, dass es gleich wieder heißt: dieser ewige Katholizismus! Dann, in Gottes Namen, gerne inklusive der Protestanten und aller anderen, die an wen oder was glauben. Aber für alle miteinander ist Bayern halt doch die Vorstufe zum Paradies. Zumindest, falls man jener Redewendung eines ehemaligen Ministerpräsidenten trauen darf. Aber Horst Seehofer hat das mit der Vorstufe und dem Paradies so oft wiederholt, dass es schon stimmen wird.

Bayern als Ganzes wäre dem Himmel demnach recht nahe, aber ganz das Gleiche wären Bayern und der Himmel eben noch nicht. Und es stimmt ja: Selbst wenn diese missliche Sache mit dem Apfel damals im ursprünglichen Eden verziehen und vergessen wäre und die Schlange in all ihren Erscheinungsformen endgültig erledigt, dann gäbe es im Garten immer noch den Buchsbaumzünsler.

Der soll in Bayern im gleichen Jahr aufgetaucht sein, in dem Seehofer Ministerpräsident wurde, aber das ist wahrscheinlich nur Zufall und hat sie alle beide wohl nicht demütiger gemacht. Später ist dann in der oberbayerischen Stadt Kolbermoor auch noch der Asiatische Moschusbockkäfer dazugekommen, dessentwegen dieses Kolbermoor und seine Nachbarstadt Rosenheim mitten im bayerischen Beinaheparadies zur Quarantänezone erklärt wurden. Die zuständigen Behörden, die den Käfer längst routiniert mit "AMB" abkürzen, haben dort gerade wieder zu erhöhter Aufmerksamkeit aufgerufen.

Wenigstens will der AMB gar nichts mit Äpfeln zu tun haben, denn die zählen ja zum Kernobst, übrigens genau wie die Birnen, mit denen man Äpfel darüber hinaus aber auf keinen Fall vergleichen darf. Stattdessen hat dieser Bock es auf Steinobst abgesehen, also etwa auf Pflaume, Zwetschge, Mirabelle, Marille, Pfirsich, Kirsche oder Kriecherl. Und neuerdings findet er offenbar sogar Gefallen am Kirschlorbeer, dem Nachfolger der Thuje als grüner Gartenwand. Die Vorliebe für den Kirschlorbeer teilt er wiederum mit manchen Kolbermoorern, dies aber zu deren Entsetzen.

Jedenfalls gibt es zwischen Himmel und Erde, also auch und vor allem in Bayern, anscheinend mehr Dinge, als sich die sogenannte Schulweisheit mal träumen ließ. Ein im Vorbeifahren im Augenwinkel erblicktes Schild irgendwo im Chiemgau kann einen geschulten Ministranten trotzdem erstaunen. "10% auf Erden" steht da. Wieso zehn Prozent? Ist das jetzt viel oder wenig? Und 90 Prozent im Himmel? Oder das meiste doch dazwischen? Der Rückweg führt wieder vorbei. Ein Agrar-Handel, Pflanzerde im Sonderangebot, in Säcken oder gerne gleich hängerweise. Eine erdige und rein irdische Angelegenheit. Und Zünsler wird schon keiner drin sein.

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