Kratzers Wortschatz:Kennen Sie das "Schlagerl"?

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Das Bairische neigt zur Verniedlichung von Krankheiten - selbst der Schlaganfall klingt dann nicht mehr so schlimm. (Foto: Imago)

In Bayern ist man nicht gerne unkommod. Deshalb neigt man zur Verniedlichung von Krankheiten, zum Beispiel beim Herzinfarkt und Schlaganfall.

Von Hans Kratzer

Schlagerl

Die Schriftstellerin Dana von Suffrin hat im Gespräch mit der SZ erwähnt, sie kenne niemanden, "der von seiner Familie nicht einen ziemlichen Hau abbekommen hat". Diese Redewendung verwendet auch Sigi Zimmerschied in seiner Rolle als Kommissar Kreuzeder in dem Krimi "Weißbier im Blut", der soeben im Bayerischen Fernsehen zu sehen war. "Sie ham an ganz an schöna Hau", sagt er zu einer Psychologin, die eigentlich seinen eigenen Hau untersuchen soll. Konkret heißt das: Sie sind verrückt, nicht ganz bei Trost. Das Wort Hau ist ein Synonym für einen Schlag oder einen Hieb.

Wie man dazu in Österreich sagt, ist der Filmkomödie "Single Bells" zu entnehmen. Dort schilt die Omama (Inge Konradi) ihre chaotische Familie: "Ihr habts ja olle an Klopfer." In Bayern wiederum heißt es: "Ihr (es) habts alle an Schlag." Ein Junggeselle behauptete neulich in einem Wirtshausdiskurs: "Alle Frauen, die in meim Alter (36) no ned verheirat san, ham den gleichen Schlag wia i!"

Medizinisch betrachtet, ist Schlag die Kurzform für das Wort Schlaganfall. In der in Bayern üblichen Neigung zur Verniedlichung von Krankheiten (Herzkasperl) spricht man hier auch von einem Schlagerl (helles a). "Was isn mitm Toni los?" - "A Schlagerl hodn troffa!"

unkommod

Am Mittwoch war Katharina Stolla, die Bundessprecherin der Grünen Jugend, zu Gast in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz. Das Gespräch, das zu später Stunde ausgestrahlt wurde, war deprimierend, weil die junge Frau einen großen Bogen um das Wort Optimismus machte. Ihre Botschaften: Fast 30 Prozent der jungen Menschen zeigen Anzeichen von Depression, die 40-Stunden-Woche ist unfeministisch und führt zur Erschöpfung, die Rente in ferner Zukunft ist perdu. Nach Ansicht der Jungpolitikerin ist die Lage der jungen Menschen in der Leistungsgesellschaft ungerecht und unkommod (unbequem, hinderlich, schädlich). "Danke, es hat Spaß gemacht", sagte Markus Lanz am Ende der Sendung. Die Zuschauer dürften den Spaß eher vermisst und in Sorge um die Generation Stolla vor dem Einschlafen eher unkommod gegrübelt haben: Denk ich an diese Sendung in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.

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