Wirtschaft in Bayern:Erstaunlicher Hilferuf nach Investoren

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Per Zeitungsanzeige sucht die Belegschaft von Düker im Landkreis Main-Spessart nach einem neuen Investor - der am besten den drohenden Stellenabbau verhindert. (Foto: IG Metall)

Gut 150 Stellen drohen beim Traditionsunternehmen Düker aus Karlstadt wegzufallen - weshalb Betriebsrat und Gewerkschaft nun per Zeitungsinserat nach neuen Geldgebern suchen. Ein ungewöhnlicher Schritt in ungewöhnlichen Zeiten.

Von Maximilian Gerl, Karlstadt

Die Anzeige, die am Wochenende in der Zeitung zu lesen war, könnte auch als Protestaktion durchgehen. Gut 150 Stellen drohen beim Traditionsunternehmen Düker aus Karlstadt (Landkreis Main-Spessart) wegzufallen - was die Betroffenen per Inserat zu verhindern versuchen. "Investoren bitte melden!", ist die Annonce in der Main-Post überschrieben. Zu sehen sind ein Teil der Beschäftigten vor den Werkstoren, mit Zettel in den Händen und einer Botschaft: "Wir sind es wert." Man suche einen "Experten in der Gießereibranche", heißt es weiter in der Anzeige. Im Gegenzug stehe eine "starke Mannschaft" bereit, um "zukunftsorientierte Wertschöpfung zu ermöglichen". Wer Interesse habe, solle bitte den Betriebsrat oder die Gewerkschaft IG Metall kontaktieren.

Arbeiter, die einen Geldgeber suchen? Oder vielleicht doch eher ein Hilfeschrei? In jedem Fall gehen Gewerkschaft wie Belegschaft in Karlstadt gerade einen eher ungewöhnlichen Weg. Allerdings sind es ja auch ungewöhnliche Zeiten - nicht nur in Unterfranken, sondern auch für den Industriestandort Bayern, dessen Wettbewerbsfähigkeit inzwischen zur Debatte steht.

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So gesehen sind die Diskussionen nun mit der Anzeige und mit Düker um ein Beispiel reicher. Die Firma ist in der Region fest verankert und führt ihre Wurzeln bis ins Jahr 1469 zurück. Zuletzt hat sie sich unter anderem auf Lösungen im Bereich der Wasserver- und -entsorgung konzentriert, fertigt also zum Beispiel Abflussrohre und Verbindungssysteme. Dafür arbeiten am Stammsitz in Karlstadt und im Werk Laufach (Landkreis Aschaffenburg) insgesamt rund 350 Menschen. Die Stimmung sei bedrückt, heißt es, seit vergangene Woche per Betriebsversammlung die Pläne zum Stellenabbau publik wurden. Bis zur Jahresmitte 2024 soll demnach unter anderem die Gießerei in Karlstadt stillgelegt werden. Dabei habe die Belegschaft in den vergangenen Jahren teils auf Lohn verzichtet, um den Betrieb am Laufen zu halten, kritisiert die IG Metall. Neben fehlenden Investitionen der öffentlichen Hand seien die Probleme "hausgemacht", ein zukunftsfähiges Konzept fehle. Düker äußerte sich auf SZ-Anfrage nicht.

Doch die gesamtwirtschaftliche Lage gilt derzeit als schwierig. Warum, darüber gehen die Ansichten mitunter auseinander. Die Staatsregierung etwa ließ im Landtagswahlkampf wenig Gelegenheiten aus, die Schuldigen in Berlin zu suchen - während die Opposition fragte, was eigentlich der bayerische Wirtschaftsminister so mache. Derweil droht unter anderem wegen hoher Energiekosten der UPM-Papierfabrik in Plattling das Aus. Und die Flaute am Bau bringt neben Baufirmen ihre Lieferanten unter Zugzwang. Wenn weniger neue Häuser entstehen, braucht es weniger Ziegel, Holz oder eben Rohre. "Die Betriebe kämpfen um jeden Auftrag und darum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Krise halten zu können", warnte jüngst Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des deutschen wie bayerischen Baugewerbes. Auch in Karlstadt forderte der Düker-Betriebsratsvorsitzende deshalb bereits die Politik zum Handeln auf. Die öffentliche Hand müsse dafür sorgen, dass "die Baubranche im Land wieder anspringt".

Angesichts dessen dürften Investoren genau rechnen, ob es sich für sie lohnt, frisches Kapital in ein schwieriges Marktumfeld zu stecken. Trotzdem wollen im Fall Düker Gewerkschaft und Betriebsrat weiterkämpfen und ein "Fortführungskonzept" aufsetzen. So werde überlegt, wie sich der Schleuderguss - ein spezielles Produktionsverfahren für Rohre - weiterentwickeln ließe, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Laut Bayerischem Rundfunk sollen am Standort Karlstadt außerdem Versand und Vertrieb erhalten bleiben für weitere Gesellschaften der Düker-Gruppe.

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