Coronavirus in Bayern:Nur noch 40 Minuten bis zum Testergebnis

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Die Laborfachkraft Nicole Pill führte am Dienstag in München das neue Gerät für den Schnelltest vor. (Foto: Dietrich Mittler)

Eine Firma aus Martinsried hat ein Gerät vorgestellt, das kostengünstig und in kurzer Zeit Corona-Testergebnisse liefern soll. Wie sicher die neuen Schnelltests sind, was sie kosten - und wo sie eingesetzt werden können.

Von Christina Kunkel und Dietrich Mittler, München

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat am Dienstag einen neuen, in Bayern entwickelten Corona-Schnelltest auf PCR-Basis vorgestellt. Er war voll des Lobes: Lob für sich selbst und freilich auch Lob für das 2010 gegründete Unternehmen GNA Biosolutions aus Martinsried im Landkreis München. "Wir haben ein super Gerät entwickelt und uns ein Bezugsrecht für eine Million Schnelltests gesichert", sagte Aiwanger. Bei dem mobil einsetzbaren Testgerät und den dafür entwickelten Reagenzien handele es sich um den "weltweit besten Corona-Schnelltest". Einen Tag vor Weihnachten habe dieses Verfahren eine Sonderzulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhalten.

Und auch das wollte Aiwanger nicht verhehlen: "Wir sind sehr günstig im Preis im Vergleich zu anderen Schnelltests." Der Preis pro Test solle unter 20 Euro liegen. Der größte Vorteil gegenüber den klassischen PCR-Corona-Tests, die nur in Labors stattfinden können, sei die Schnelligkeit bei der Auswertung. Vom Rachenabstrich bis zum Testergebnis vergingen gerade einmal 40 Minuten, der eigentliche Test im Gerät dauere sogar nur 20 Minuten. Eingesetzt werden soll das neue Verfahren namens "GNA Octea" etwa an Flughäfen, an kleinen Kliniken ohne eigenes Labor, in Alten- und Pflegeheimen, in Kureinrichtungen - oder auch an Schlachthöfen. Er sei stolz auf die bayerische Biotech-Branche, sagte Aiwanger. Mit acht Millionen Euro habe der Freistaat die Entwicklung des Schnelltests unterstützt. "Wir haben auf das richtige Pferd gesetzt", sagte er. Randbemerkung: Der Freistaat sei über die Venture Capital-Gesellschaft "Bayern Kapital" an der GNA Biosolutions beteiligt.

Mit dem PCR-Schnelltest ist das Start-up aus Bayern aber bei Weitem nicht die erste Firma, die auf ein derartiges Verfahren setzt. Bosch verkauft bereits in mehreren Ländern ein mobiles Testsystem, mit dem innerhalb von 30 Minuten Ergebnisse vorliegen sollen. Auch aus Baden-Württemberg gab es im November die Erfolgsmeldung eines Start-ups namens Spindiag, nach welcher mit einem neu entwickelten PCR-Schnelltest von sofort an in Stuttgarter Kliniken Abstrichproben analysiert würden. Auch da waren die zuständigen Landespolitiker unfassbar stolz, hatte man das junge Freiburger Unternehmen doch mit sechs Millionen Euro bei der Entwicklung gefördert. Zumindest hat der Spindiag-Test bereits eine EU-weite Zulassung.

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Wie zuverlässig solche mobilen PCR-Tests eine Corona-Infektion erkennen, dazu gibt es indes noch kaum unabhängige Daten. GNA Biosolutions gibt einen Wert von 96,7 Prozent bei der Sensitivität an. Das würde bedeuten, dass bei hundert Infizierten der Test etwa dreimal nicht anschlagen würde. Bosch gibt für sein System einen Sensitivitäts-Wert von 98 Prozent an. Bei im herkömmlichen PCR-Verfahren untersuchten Proben liegt die Trefferquote jedoch bei nahezu hundert Prozent.

Laut GNA-Chef Federico Bürsgens läuft zur Zuverlässigkeit seines neuen Tests aktuell noch eine Pilotstudie zusammen mit der Bundeswehruniversität in München. Die abschließenden Ergebnisse erwarte er im Februar. Aktuell eignen sich diese mobilen PCR-Tests grundsätzlich nicht für Massenscreenings. So soll der neue Test aus Bayern acht Proben gleichzeitig schaffen, bei Bosch sind es fünf, bei Spindiag zwei. Über den Tag verteilt, kommen so nur einige Hundert Testergebnisse zustande - was für Krankenhäuser oder Flughäfen ausreichen würde. Für eine schnelle Absicherung des Stadionbesuchs mit mehreren Tausend Menschen wäre das System dagegen nicht gemacht.

Aiwanger ist nichtsdestotrotz überzeugt davon, dass das neue Testverfahren "in die Welt hinausgehen wird". Im Januar sollen nach Angaben von GNA-Chef Bürsgens mit dem bayerischen Gesundheitsministerium, das zunächst sechs Geräte zu Testzwecken gekauft hat, "die ersten 60 000 Tests ausrollen". Im Vergleich mit den PCR-Schnelltests der Konkurrenz, die "in der Regel sehr, sehr teuer" seien, sieht Bürsgens bei seinem Produkt den Vorteil, dass es nicht nur eine hohe Geschwindigkeit aufweise und "diagnostisch sehr aussagekräftig" sei, sondern eben auch "kostengünstig". Weiterhin benötigt wird bei diesem Schnelltest eine Laborfachkraft. Zudem kann er in Deutschland nur unter fachärztlicher Betreuung stattfinden.

Auch Gesundheitsstaatssekretär Klaus Holetschek (CSU) sprach von "einem gutem Tag für Bayern". So weit wie Wirtschaftsminister Aiwanger ging er indes nicht. Der sprach von einem "Wundergerät".

© SZ vom 30.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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