Finanzpolitik:Bayerns oberste Kassenprüfer rügen Umgang mit Corona-Schulden

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Mit dem Sonderfonds Corona-Pandemie finanzierte die Staatsregierung zum Beispiel Liquiditätshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen im Freistaat, die geschlossen bleiben mussten. (Foto: Tobias Hase/picture alliance/dpa)

Der ORH kritisiert die Haushaltspolitik der Staatsregierung im Kontext der Pandemie - und sieht "erhebliche Mängel" bei der Kontrolle von Corona-Hilfsprogrammen.

Von Christian Sebald

Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) fordert die Staatsregierung auf, die Schulden aus dem milliardenschweren bayerischen Sonderfonds Corona-Pandemie von 2020 konsequent zurückzubezahlen. Das geht aus dem Jahresbericht 2024 hervor, den der ORH an diesem Dienstag veröffentlicht, der aber der SZ bereits am Montag vorlag. "Aus Sicht des ORH sollten die haushaltsgesetzlichen Vorgaben zur Tilgung der coronabedingten Kredite aus den Jahren 2020 bis 2023 beibehalten werden und diese Schulden ab dem Jahr 2024 entsprechend abgebaut werden", sagt ORH-Präsidentin Heidrun Piwernetz. Aus Sicht des ORH besteht ein hohes "Risiko weiterer Abweichungen" von den Tilgungsregelungen, wenn der Abbau der Corona-Schulden schon in den ersten Jahren drastisch reduziert werde.

Staatsregierung und Landtag hatten 2020 den Sonderfonds Corona-Pandemie mit einem Volumen von bis zu 20 Milliarden Euro eingerichtet. Das Geld sollte zum einen in Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie fließen. Zum anderen sollten aus ihm kleine und mittelständische Unternehmen in Bayern Liquiditätshilfen bekommen. Finanziert wurde der Sonderfonds über Kredite. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass die neuen Schulden ab 2024 in 20 gleichbleibenden Jahresraten zurückbezahlt werden. Nach dem aktuellen Haushaltsentwurf für 2024 und 2025 will die schwarz-orange Regierungskoalition unter Ministerpräsident Markus Söder schon im ersten Tilgungsjahr von der Vorgabe abweichen - und 771 Millionen Euro weniger tilgen als vorgesehen.

Das ist für den ORH ein denkbar schlechtes Zeichen - auch mit Blick auf die wirtschaftlich angespannte Zeit. "Solide Haushaltsführung bleibt das Gebot der Stunde", sagt Piwernetz. Noch könne die Staatsregierung auf gut gefüllte Rücklagen zurückgreifen. "Im Interesse einer nachhaltigen Finanzpolitik müssen sich allerdings die Ausgaben wieder verstärkt an den zu erwartenden Einnahmen orientieren, ohne eine Entnahme aus den Rücklagen vorzusehen", sagt Piwernetz. Finanzminister Albert Füracker (CSU) wies die Kritik zurück. "Wir befinden uns in Deutschland in einer wirtschaftlich angespannten Lage", sagte er der Deutschen Presseagentur. "Wir bilden und verwenden unsere Rücklage, um in Krisenzeiten wichtige Zukunftsinvestitionen zu tätigen, wirtschaftliche Impulse zu setzen und Krisenauswirkungen auf die Menschen abzufedern."

Auch sonst sollte der Freistaat nach Überzeugung des ORH Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen. Zum Beispiel aus seinen Hilfsprogrammen für Kunst und Kultur, in deren Rahmen er fast 100 Millionen Euro an Spielstätten, Veranstalter, Kinos, soloselbstständige Künstler und andere auszahlte. Laut ORH wiesen die Programme und nachträglichen Prüfungen "erhebliche Mängel" auf. Bei den kommunalen Impfzentren, in die bis Februar 2023 insgesamt 1,4 Milliarden Euro Staatsgeld flossen, habe ebenfalls keine Kostenkontrolle stattgefunden. Und für 27,6 Millionen Euro von 170 Millionen Euro, die 2020 für coronabedingte Erlösausfälle, Mehrkosten und Investitionen aus dem Sonderfonds Corona-Pandemie an die bayerischen Uni-Kliniken und das Deutsche Herzzentrum in München gingen, fehlten laut ORH die Voraussetzungen oder wurden nicht nachgewiesen.

Was seine Einnahmen anbelangt, sollte der Freistaat ebenfalls mehr Nachdruck an den Tag legen. So fehlten den Steuerbehörden oft Daten für eine Besteuerung von Influencern in den sozialen Netzwerken. Aber nicht nur dadurch entgehe dem Freistaat viel Geld. Sondern auch beim Handel von Kryptowährungen im Internet. Nur ein geringer Teil der Gewinne bei diesen Geschäften werde versteuert, heißt es im ORH-Bericht. Allein für Bayern beziffert der ORH die Steuerausfallrisiken dadurch "vorsichtig" auf jährlich 150 Millionen Euro.

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