Foto-Ausstellungen:Was die Zeit aus Körpern macht

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Auf seinen Streifzügen etwa durch den Bayerischen Wald fotografiert Martin Waldbauer Gesichter und Hände von Menschen, deren Alltag die harte Arbeit ist. (Foto: Martin Waldbauer)

Schrunden, Furchen, Hornhäute und Risse: Drei Fotokünstler zeigen den Alltag in Niederbayern - und die Verletzlichkeit der Menschen dort. Wer sich für Fotografie interessiert, sollte Pilsting und Triftern einen Besuch abstatten.

Von Hans Kratzer

Wer sich für das Medium Fotografie interessiert, wird zurzeit an verschiedenen Ausstellungsorten in Niederbayern bestens bedient. Im renovierten Stadl der Alten Post in Triftern (Graf-Lenberger-Straße 13, Landkreis Rottal-Inn) zeigt der aus Hauzenberg stammende Martin Waldbauer Porträts und Landschaftsaufnahmen aus seiner Heimat. Waldbauer verfolgt eine sehr individuelle Technik des Fotografierens. Er meidet die digitale Welt und pflegt stattdessen die klassische analoge Schwarzweiß-Fotografie unter Einsatz von schweren Mittelformat- und Großbildkameras sowie alter Fotopapiere.

Auf seinen Streifzügen durch den Bayerischen Wald und durch Tschechien hat Waldbauer viele Menschen mit außergewöhnlichen Physiognomien getroffen und sie einfühlsam fotografiert. Zum Beispiel alte Holzhauer, deren Gesichter und Hände eindringlich zeigen, wie sehr sich harte körperliche Arbeit darin eingräbt. Vor allem die Hände geben oft mehr preis als hundert erzählte Erinnerungen.

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Waldbauers Schwarzweiß-Fotografien zeigen Gesichter und Hände voller Schrunden und Furchen, voller Hornhäute und Risse. Der 37-jährige Sozialpädagoge, der hauptberuflich in den Dreiflüsse-Werkstätten in Passau tätig ist, sagt, er wolle den Stolz, die Würde sowie die Verletzlichkeit dieser Menschen darstellen. Überdies will er aufzeigen, was die Zeit aus deren Körpern gemacht hat. Seit gut einem Jahrzehnt dokumentiert er die vielfältigen Schattierungen seiner Waldheimat, um einerseits die Spuren der Zeit zu konservieren, aber auch, um auf diese Weise Antworten auf existenzielle Fragen zu finden.

Die Ausstellung ist bis zum 30. Juli zu sehen. Führungen werden jeden Sonntag um 14 Uhr angeboten. Am kommenden Samstag, 15. Juli, liest SZ-Redakteur Sebastian Beck in jenem Stadl in Triftern, in dem Waldbauers Bilder hängen, aus seinem Roman "Vinz Solo", in dem es um das Erwachsenwerden im Niederbayern der 80er-Jahre geht. Begleitet wird er von der Post-Punk-Band Prohibition Prohibition aus München (20 Uhr).

Eine weitere spannende Fotografie-Ausstellung ist bis Ende Juli im Bürgerhaus in Pilsting (Marktplatz 23, Kreis Dingolfing-Landau) zu sehen. Dabei kontrastieren Bilder des Straubinger Fotografen Bruno Mooser (1925-2009) vom Leben und Alltag in Niederbayern mit Werken des 1940 geborenen Fotografen Gerhard Weber, der das Leben und den Alltag in Sachsen zu DDR-Zeiten festgehalten hat. Beide Künstler haben den Wandel ihrer Heimat über Jahrzehnte hinweg mit einer wunderbaren Bildsprache dokumentiert. Ihre Fotografien offenbaren heute verblüffende Parallelen dieser so unterschiedlichen Welten diesseits und jenseits des sogenannten Eisernen Vorhangs.

Spuren der Zeit, Fotografien von Martin Waldbauer, Alte Post in Triftern, bis 30. Juli, Sa/So 14-18 Uhr.

2 Systeme - 1 Land. Fotografien von Bruno Mooser und Gerhard Weber, Bürgerhaus Pilsting, bis 31. Juli, sonntags 14-17 Uhr.

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