Artenschutz:Bedrohte Vielfalt

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Die Majoranblattzikade ist eine von 211 Zikadenarten in Bayern, die auf der neuen Roten Liste als bedroht geführt werden. (Foto: Gernot Kunz/LfU)

Die neue Rote Liste der Zikaden in Bayern dokumentiert 568 heimische Arten. Das sind so viele wie in keinem anderen Bundesland. Aber gut die Hälfte ist als bedroht eingestuft oder wird auf der Vorwarnliste geführt.

Von Christian Sebald

Um die drei Millimeter klein, schlank, heller Kopf und helle Flügel mit dunklen Punkten und ein schwarz-gelbes Scutellum: Das ist die Majoranblattzikade, eine von 568 Zikadenarten, die derzeit in Bayern bekannt sind. Eupteryx origani, so ihr wissenschaftlicher Name, war immer schon eher selten. Früher, so sagt der Biologe und Zikaden-Spezialist Herbert Nickel, war sie jedoch an vielen Standorten anzutreffen, auch im Flachland. Inzwischen findet man die Majoranblattzikade fast nur noch auf mageren Almwiesen, die von Rindern beweidet werden. Der Hauptgrund ist, dass in den flachen Regionen seit Jahren Magerstandorte verloren gehen.

In der neuen Roten Liste der Zikaden in Bayern, die Nickel für das Landesamt für Umwelt (LfU) bearbeitet hat, wird die Art denn auch als stark gefährdet geführt. Ihren Namen hat Eupteryx origani übrigens davon, dass sie wie viele Zikaden auf eine Nahrungspflanze spezialisiert ist, den wilden Majoran eben.

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Zikaden gehören zu den pflanzensaugenden Insekten, sie besiedeln alle möglichen Lebensräume vom Flachland über die Mittelgebirge bis in die bayerischen Alpen. Nur auf intensiv bewirtschaftetem Agrarland kommen sie nicht vor - gleich, ob es sich um Äcker oder Grünland handelt. Wie die Majoranblattzikade sind Zikaden generell sehr klein, man kann sie in der Regel nicht sehen. Bekannt ist dagegen ihr sogenannter Kuckucksspeichel oder die Hexenspucke. So heißt im Volksmund der Schaum, mit dem einige Zikadenarten ihre Nahrungspflanzen zum Schutz ihrer Larven überziehen. Zikaden treten oft in sehr hohen Stückzahlen auf. Laut Nickel sind Dichten von 5000 Tieren pro Quadratmeter Grünland keine Seltenheit. Die Kenntnisse über die kleinen Insekten haben in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen. Das ist der Hauptgrund, warum in der neuen Roten Liste viel mehr Arten dokumentiert sind als in ihren Vorgängern.

Deutschlandweit sind Nickel zufolge ungefähr 650 Zikadenarten bekannt. Mit 568 dokumentierten Arten ist Bayern das Bundesland mit der mit Abstand artenreichsten Zikadenfauna. Aber nicht nur das. Die Zahl der bekannten Zikadenarten im Freistaat ist seit 1996 um 111 Arten oder ein knappes Viertel angewachsen. Verbreitungsschwerpunkte sind die Trockenlandschaften in Nordbayern, der Frankenjura, das Alpenvorland und die bayerischen Berge. 36 Arten sind nur hierzulande dokumentiert. Beispiele sind die Fingerkrautblattzikade in Mainfranken oder die Kiesbankspornzikade, die an den wenigen verbliebenen Wildflussabschnitten in den bayerischen Alpen und im Alpenvorland lebt. Forscher Nickel geht freilich davon aus, dass in den kommenden Jahren weitere heimische Arten dokumentiert werden. Er rechnet deutschlandweit mit insgesamt etwa 700 Zikadenarten.

Wer jetzt denkt, es stehe bestens um die Zikaden, der täuscht sich aber. 211 Arten werden wie die Majoranblattzikade auf der Roten Liste als bedroht geführt. Das sind 38 Prozent des gesamten Spektrums. 16 Arten gelten als ausgestorben oder verschollen. Weitere 83 Arten oder 15 Prozent stehen an der Schwelle zur Roten Liste auf der sogenannten Vorwarnliste.

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