Artenvielfalt:Sensationsfund im Eichenwald

Lesezeit: 2 min

Der Heldbock ist in Bayern nahezu ausgestorben. Nun wurde die Käferart in einem Eichenwald im Landkreis Schweinfurt nachgewiesen. (Foto: Ludwig Straßer/LWF/dpa)

Der Heldbock ist nahezu ausgestorben und kommt bayernweit nur in einem Park in Bamberg vor. Nun hat ein Förster den Waldkäfer auch nahe Schweinfurt nachgewiesen.

Von Christian Sebald

Der Heldbock ist mit einer Körperlänge von bis zu 53 Millimeter nicht nur der größte Käfer in den bayerischen Wäldern. Sondern er ist außerdem der seltenste. In den vergangenen 70 Jahren war Cerambyx cerdo, so der wissenschaftliche Name der Art, nämlich nur im Luisenhain in Bamberg anzutreffen, einem Park am Südende der Regnitzinsel in der Stadt. Kein Wunder also, dass der früher gar nicht so seltene Käfer längst vom Aussterben bedroht ist.

Nun wurde Cerambyx cerdo, der in sonnendurchstrahlten, lichten Eichenwäldern lebt, erstmals wieder an einer zweiten Stelle in Bayern nachgewiesen. Und zwar 50 Kilometer Luftlinie westlich von Bamberg in einem Eichenwald nahe Kolitzheim im Landkreis Schweinfurt. An der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in München-Freising, wo sich Experten wie Anna Kanold um die Artenvielfalt in den bayerischen Wäldern kümmern, stufen sie die Entdeckung als Sensation ein.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Cerambyx cerdo, der auch als Großer Spießbock oder Großer Eichenbock bekannt ist, ist braunschwarz. Nur die Spitzen seiner Flügeldecken sind etwas heller und gehen ins rötlich Braune. Auffällig sind die langen Fühler, die bei Männchen doppelt so lang werden können wie der Körper. "Die Weibchen legen bis zu hundert Eier in die zerfurchte Rinde alter, oft vorgeschädigter Eichen", sagt Kanold. Nach nur 14 Tagen schlüpfen die Larven. Sie haben eine Entwicklungszeit von drei bis fünf Jahren und fressen sich in ihr durch den gesamten Stamm. Deshalb galt der Heldbock unter Förstern und Waldbauern lange Zeit als Schädling.

Die Käfer selbst sind von Mai bis August in warmen Abend- und Nachtstunden aktiv. Zwar schwirren sie dann auch in der Luft umher. Aber sie breiten sich kaum über ein Habitat hinaus aus. So nutzt der Heldbock über Jahrzehnte hinweg viele Generationen lang immer den selben Brutbaum und sucht sich erst dann in dessen nächster Umgebung einen neuen, wenn der alte abstirbt.

Der aktuelle Nachweis ist ein Zufallsfund und einem pensionierten Förster zu verdanken. Reiner Seufert entdeckte bei einem Waldbegang bei Kolitzheim in einer alten Eiche auffällig große Bohrlöcher. Als er sie näher inspizierte, förderte er aus einem eine frisch abgestorbene, verpuppte Käferlarve zutage. Eine DNA-Analyse, die die LWF veranlasste, bestätigte die Vermutung des Försters. Es handelte sich tatsächlich um eine Larve des extrem seltenen Heldbocks. An der LWF sind sie denn auch höchst erfreut. "Der Fund zeigt einmal mehr, welchen hohen Wert unsere heimischen Eichenwälder für die Artenvielfalt haben", sagt LWF-Chef Peter Pröbstle. Der Heldbock gilt als sogenannte Schirmart für viele andere Käfer- und Insektenarten, aber auch Fledermäuse, Spechte und weitere Tiere, die hauptsächlich in Eichenwäldern vorkommen.

Aus diesem Grund ist der Heldbock auch nicht nur in Deutschland, sondern europaweit streng geschützt. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich nicht nur verpflichtet, die wenigen Bestände regelmäßig zu erfassen und mindestens zu erhalten. Sondern außerdem dafür zu sorgen, dass sich die Art wieder häufiger ausbreitet. Deshalb hat man in der Vergangenheit immer wieder Versuche unternommen, den Heldbock in Eichenwäldern außerhalb von Bamberg anzusiedeln - bisher stets vergeblich.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusNatur in Bayern
:Der Frankenwald stirbt

Hitzestress, extreme Trockenheit und der Borkenkäfer haben binnen weniger Jahre riesige Kahlflächen in die weitläufigen Fichtenforste im nördlichsten Zipfel Bayerns geschlagen. Waldbesitzer wie Peter Klinger stehen vor einem Desaster.

Von Christian Sebald und Max Weinhold

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: