Tourismus im Bayerischen Wald:Gebildet, naturverbunden - und ein bisschen arg sparsam

Lesezeit: 2 Min.

Auch als Tagesziel ist der Nationalpark sehr begehrt. (Foto: dpa)

Was sind das für Menschen, die im Bayerischen Wald Urlaub machen? Die Tourismusregion erfasst die Daten der Gäste, unter denen inzwischen auch Oberbayern sind.

Von Christian Sebald

Der Tourismus hat im Bayerischen Wald eine zentrale wirtschaftliche Bedeutung und der Nationalpark liefert einen sehr wichtigen Beitrag dazu. Darin sind sich alle einig - Praktiker wie Bernhard Hain, der Tourismusreferent im Landkreis Freyung-Grafenau, und Kathrin Baumann, Sprecherin der Arberland Regio GmbH im Kreis Regen, ebenso wie Wissenschaftler wie der Geograf Marius Mayer, der an der Uni Innsbruck forscht.

Oder Teresa Schreib, die Tourismusexpertin der Nationalparkverwaltung. Ihr Credo: "Der Nationalpark ist eine Marke, die für eine besonders attraktive Natur und Landschaft steht", wie Baumann sagt. "Er ist unser Zugpferd, auch wenn die Gäste natürlich nicht nur wegen des Nationalparks kommen. Sondern auch Wellnessangebote genießen wollen, im Winter gerne Ski laufen oder auch mal Shoppen gehen."

50 Jahre Nationalpark
:Im Herzen der Wildnis

Schaurig, grandios, abweisend - der Bayerische Wald galt einst als einsame Region. Nirgendwo in Bayern ist es im Winter kälter. Heute erscheint die Wildnis als knappes Naturgut und weckt Sehnsüchte.

Von Sebastian Beck und Hans Kratzer

Ungefähr 1,4 Millionen Besucher sind 2019 im Nationalpark Bayerischer Wald gezählt worden. Die Hälfte davon - also 700 000 - waren Übernachtungsgäste. Das hat ein Gäste-Monitoring der Nationalparkverwaltung ergeben. Die beiden Nationalpark-Landkreise Freyung-Grafenau und Regen kommen zusammen auf ungefähr 850 000 Urlauber im Jahr. Rein rechnerisch besuchen also mindestens vier von fünf Urlaubern in der engeren Nationalpark-Region einmal während ihres Aufenthalts den Nationalpark.

Auch als Tagesziel ist der Nationalpark sehr begehrt: 35 Prozent der Besucher sind Einheimische aus der näheren Umgebung, 15 Prozent sind Tagesgäste aus einem Einzugsbereich mit einem Radius von hundert Kilometern. "Städte wie Landshut oder Regensburg gehören da aber auch noch dazu", sagt Hain, "und natürlich Österreich und immer öfter auch Tschechien."

"Nur zwischen sechs und 16 Prozent sind zum ersten Mal bei uns"

Selbst aus dem knapp 200 Kilometer entfernten München fahren inzwischen Ausflügler, die den Rummel in den bayerischen Voralpen leid sind, für einen Tag in den Nationalpark. Besonders attraktive Ziele für sie sind die beiden Nationalparkzentren mit den Tierfreigehegen. Außerdem kommen die weitaus meisten Nationalpark-Besucher immer wieder. "Nur zwischen sechs und 16 Prozent sind zum ersten Mal bei uns", sagt Nationalpark-Frau Schreib.

Auch sonst weiß man allerhand über die Nationalpark-Urlauber: Sie sind im Schnitt zwischen 49 und 56 Jahre alt, der Anteil der Männer ist etwas höher als der der Frauen. Außerdem sind sie vergleichsweise gebildet. Der Anteil mit höheren Abschlüssen, also Abitur, Fachhochschul- oder Uniabschluss, ist deutlich größer als im Landesschnitt. Und sie bleiben deutlich länger in der Region als der durchschnittliche Urlauber dort. "Unsere Urlaubsgäste sind im Schnitt 4,3 Tage bei uns im Landkreis", sagt der Freyunger Tourismusreferent Hain. Im Landkreis Regen ist es ähnlich. Die Nationalpark-affinen Urlauber dagegen bleiben im Schnitt sechseinhalb Tage, haben Umfragen ergeben.

Klar, dass der Nationalpark ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region ist. Der Geograf Mayer und andere Wissenschaftler haben vor inzwischen 13 Jahren intensiv darüber geforscht. Zwar ist der ökonomische Wert des Schutzgebietes gar nicht so einfach zu beziffern - denn er schwankt sehr stark, je nachdem welche Kosten-Nutzen-Parameter man ansetzt. Eines aber ist gewiss: Die Region profitiert - selbst in den ungünstigsten Szenarien.

Als Spanne für den Nutzen im Jahr 2007 nennt Mayer eine Summe zwischen 1,39 und 11,31 Millionen Euro. Allein die Wertschöpfung durch den Nationalpark im Tourismus summierte sich schon 2007 auf 13,2 Millionen Euro. Laut Nationalparkverwaltung ist sie inzwischen auf 26,1 Millionen Euro im Jahr gestiegen - parallel dazu, dass sich die Zahl der Nationalpark-Besucher seit 2007 nahezu verdoppelt hat.

Der einzige Wermutstropfen aus ökonomischer Sicht: Die Nationalpark-Gäste lassen weniger Geld in der Region als durchschnittliche Urlauber. In den beiden Nationalpark-Landkreisen Regen und Freyung-Grafenau geben die Urlauber knapp hundert Euro pro Aufenthaltstag und Kopf aus. Bei den Gästen, die wegen des Nationalparks kommen, sind es gut 20 Euro pro Kopf und Tag weniger, sagt Schreib. Der Grund könnte sein, dass die Nationalpark-Urlauber nicht zum Einkaufen herkommen, sondern in allererster Linie die wilde Waldnatur im Nationalpark erwandern und bestaunen wollen. Und das gibt es seit 50 Jahren gratis.

© SZ vom 02.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nationalpark Bayerischer Wald
:Genuss auf Granit

Im Nationalpark Bayerischer Wald ist aus dem Fluch des Borkenkäfers ein Segen geworden. Die abgestorbenen Bäume ermöglichen fantastische Aussichten von den Bergen und neue Tourismus-Konzepte zielen auf Wanderer, für die der Gipfelsturm nicht alles ist.

Stefan Fischer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: