Bayerischer Beamtenbund:Minister ausgepfiffen

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So eine Stimmung hat es wohl noch nie gegeben. Die Beamten sind sauer auf Finanzminister Georg Fahrenschon - und machen ihrem Ärger Luft

Olaf Przybilla

Seit 16 Jahren ist Konrad Renner schon Delegierter beim Bayerischen Beamtenbund (BBB), eine solche Stimmung aber hat er noch nicht erlebt. Renner ist Amtstierarzt in einem Veterinäramt in Oberbayern, und wenn er bislang zu Delegiertenversammlungen aufbrach, konnte er sich auf warme Worte der Staatsregierung freuen und gegenseitigen Lobpreis auf das Berufsbeamtentum.

"Entrüstet und enttäuscht": Die bayerischen Beamten sind enttäuscht von Finanzminister Georg Fahrenschon - und reagieren mit Pfiffen. (Foto: dpa)

Am Freitag aber, als Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) in der Nürnberger Meistersingerhalle eine Rede vor Bayerns Beamten hält, ist alles anders. Fahrenschon wird immer wieder von Pfiffen und Schmährufen der Beamten unterbrochen, und Renner, der Delegierte, findet diese Reaktion angemessen: "Entrüstet und enttäuscht" sei er als Beamter von der Staatsregierung.

Spätestens als Fahrenschon etwas verspätet die Halle betritt, muss er wissen, was ihn erwartet. Der Minister ist sogleich von Plakat-Trägern umringt, "keine Sparpolitik auf Kosten von Junglehrern" ist zu lesen und "Minusrunde nicht mit uns". Der Vorsitzende des Beamtenbundes, Rolf Habermann, heißt Fahrenschon willkommen, "auch wenn das hier kein angenehmer Termin für Sie wird".

Seiner Warnung lässt er später Taten folgen: Habermann wirft der Staatsregierung vor, mit der Nullrunde 2011 ohne Not die "konstruktive Zusammenarbeit" zwischen den Beamten und der Regierung auf Spiel zu setzen. Mit der Wiederbesetzungssperre und der Senkung der Eingangsbesoldung für Berufseinsteiger habe man den fairen Umgang miteinander aufgekündigt. Weil die Angestellten nicht von einer Nullrunde betroffen sind, sieht Habermann Bayerns Beamte sogar zu "Mitarbeitern zweiter Klasse" herabgewürdigt.

Einen Streik lehne man zwar ab, er würde "das gesamte Berufsbeamtentum in Frage stellen". Einen Hinweis aber will Habermann sich nicht verkneifen. Die Zufriedenheit der Beamten mit der Staatsregierung habe sukzessive abgenommen bei den drei letzten Wahlen. Er erntet Ovationen für diesen Hinweis.

Fahrenschon weiß, dass er hier nicht viel gewinnen kann, bei manchen Passagen seiner Rede muss er dreimal ansetzen, um gegen die Zwischenrufe anzukommen. Rein äußerlich aber bleibt Fahrenschon ruhig: Das leistungsorientierteste Dienstrecht habe man gemeinsam mit Bayerns Beamten durchgesetzt. In den Jahren 2009 und 2010 habe man die Besoldung an die Tarife angepasst, trotz Wirtschaftskrise und vieler Warnungen. Und die zuvor auf 42 Stunden heraufgesetzte Arbeitszeit werde wieder zurückgeführt.

Nur eine Alternative habe es für 2011 gegeben: "Entweder Kürzung des Weihnachtsgeldes oder Aussetzung der Altersteilzeit oder eben Nullrunde." Vage deutet Fahrenschon die Möglichkeit einer Erhöhung der Bezüge für das Jahr 2012 an. Je nachdem wie sich die finanzielle Lage im Freistaat entwickele, werde man die aktuelle Nullrunde in die "Überlegungen einbeziehen". An der Nullrunde 2011 aber sei nicht mehr zu rütteln.

Gemessen daran, was Beamten für ein Ruf vorauseilt, muss man die Reaktionen während Fahrenschons Rede beinahe schon als Tumult werten. Konrad Renner, der Amtstierarzt, sagt danach, er sei "sehr demotiviert". Seinen Kindern wolle er davon abraten, Beamte zu werden.

© SZ vom 09.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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