Maximilian Brandl und Thorsten Hömske laufen auf eine große hölzerne Tür zu. Hinter dieser verbirgt sich die Produktionsstätte ihres neuen Produkts. Die beiden verkaufen einen ganz besonderen Duft oder wie sie es auf ihrer Homepage nennen: ein "Geruchserlebnis." Es wird also duften hinter dieser hölzernen Tür? Eigentlich riecht man es schon von draußen. Doch erst als Hömske die Tür aufschiebt, schlägt der Geruch deinem regelrecht entgegen. Die beiden Firmengründer treten ein. Es ist in der Tat ein intensives Aroma. Hinter der Tür verbirgt sich aber nicht etwa ein Bad mit heilsamen Ölen. Oder eine Küche, in der Oma gerade ein leckeres Ratatouille zubereitet. Die Tür ist auch keine Gartentür, die zu einem duftenden Blumenmeer führt.
Es ist ein Stalltor, der Eingang zum Rinderstall auf einem Hof in Sickertshofen, einem kleinen Ortsteil der Gemeinde Schwabhausen im Landkreis Dachau, gut 20 Kilometer nördlich von München. Hier produzieren die Rinder das, was Hömske und Brandl vermarkten: Stallgeruch aus der Dose. Passend dazu haben sie ihre Firma "Bayrisch-Gschmoch" genannt. Das bayerische Dialektwort "Gschmoch" soll für das Zusammenspiel von Geruchs- und Geschmacksinn stehen. Auch wenn manche in einem Stall wohl eher Mief oder Gestank vermuten würden - die beiden Firmengründer mögen das.
Als Brandl und Hömske ihre Produktionsstätte betreten, die einem gemeinsamen Freund gehört, horchen gleich ein Dutzend Stiere auf. Eines der Tiere fängt an, laut zu muhen. Hömske erinnert die Szenerie an seine Jugendzeit, wie der 32-Jährige, der im Hauptberuf als Finanzvermittler arbeitet, erzählt. "Ich bin auf dem Land aufgewachsen, habe immer beim Bauern Milch geholt oder bin im Traktor mitgefahren." Der Stallgeruch erinnere ihn also automatisch an seine Kindheit, sagt Hömske. "Aber im Alltag fährst du nicht einfach so aufs Land raus, stellst dich in den Kuhstall und riechst mal."
Deswegen haben sich die beiden Freunde dazu entschlossen, den Stallgeruch in Dosen einzufangen und zu verkaufen - für alle, die den Geruch ebenso mögen, für Großstadtmenschen, die sich nach einem Leben auf dem Land sehnen, oder für Leute, die einfach nur ein lustiges Geschenk suchen. Derzeit planen sie, das Produkt nicht wie momentan nur online, sondern auch bei Souvenirhändlern oder auf der Wiesn unterzubringen. "Das wäre doch auch für Touristen mal ein ganz anderes Mitbringsel aus Bayern", sagt Brandl.
Es ist eine sehr spezielle Nische im Markt der Duftstoffe, das ist den beiden Männern durchaus bewusst. Doch bevor sie ihre Firma gründeten, recherchierten sie im Internet, ob denn Nachfrage für ein solches Produkt da ist. Brandl, der normalerweise im Bereich Suchmaschinenoptimierung in einer Digitalagentur arbeitet, fand heraus, dass es tatsächlich einige Leute gibt, die im Internet nach Begriffen wie "Stallduft", "Stallduft kaufen" oder "Landluft in der Dose" suchen.
Neben dem Stallduft "Kuh und Stier" bieten sie zusätzlich auch noch die Duftrichtung "Schwein" an
Um diese Mischung aus Tier-, Heu- und Mistgeruch einzufangen, benötigen Hömske und Brandl nicht sehr viel: nur Watte und Dosen. Die Watte hängen sie etwa zwei Wochen lang in den Stall. Danach verstauen sie den Duftträger in luftdichte Tüten. Wenn eine Bestellung in ihrem Online-Shop reinkommt, rupfen sie zwei Gramm von der Watte ab und stecken sie in eine Dose. Neben dem Stallduft "Kuh und Stier" bieten sie zusätzlich auch noch die Duftrichtung "Schwein" an.
Wer an der Schweine-Dose schnuppert, braucht schon eine unempfindliche Nase oder eine außergewöhnliche Liebe zum Bauernhof. Denn schraubt man bei diesem Duftartikel den Deckel ab, entweicht ein besonders starkes Aroma. Hömske und Brandl glauben aber, dass damit das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft ist. "Das nächste Projekt wird dann schon intensiver", sagt Hömske. Schon bald wollen sie ihr Sortiment erweitern. Dann wird es für die ganz Hartgesottenen auch noch die Stallduft-Richtung "Gülle" geben.
Und wer weiß? Vielleicht finden sie für dieses Produkt ja wirklich viele Abnehmer. Dann jedenfalls können sie mit Fug und Recht behaupten, aus Mist Geld gemacht zu haben. Noch jedenfalls arbeiten sie in ihren bisherigen Jobs.