Augsburg:Sanierung des Staatstheaters sprengt alle Kostenpläne

Lesezeit: 3 min

Eine schöne Aussicht, die teuer erkauft wird: Die Visualisierung zeigt, wie das Staatstheater Augsburg nach Generalsanierung und Neubau einmal aussehen soll. (Foto: Stadt Augsburg)

Die Sanierung und der geplante Neubau am Staatstheater in Augsburg werden wohl noch einmal teurer als gedacht. In der Stadt fehlt das Geld für andere Projekte.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Es ist eine riesige Baustelle, die kaum einsehbar ist. Schaulustige dürfen nicht hinein ins Augsburger Staatstheater, wo gebohrt und gehämmert wird. Die Stadt hat deshalb einen kurzen Film erstellt, um Einblicke zu gewähren, mit Schauspielern, mit Musik von den Augsburger Philharmonikern. Fast ein Jahr habe man an den Film hingearbeitet, sagt Augsburgs Baureferent Gerd Merkle am Montagabend nach der ersten Ausstrahlung. Böse Zungen fragten hinterher, ob denn dies vielleicht auch ein Grund für die enormen Kostensteigerungen beim Projekt "Generalsanierung und Neubau Staatstheater" sein könnte?

Zwei gescheiterte Bürgerbegehren, ein ursprünglicher Kostenplan von 186 Millionen Euro, weitere Verzögerungen bei der Fertigstellung bis 2028 und nun wird wohl das bisherige Worst-Case-Szenario von 320 Millionen Euro Baukosten gerissen - das Kulturprojekt im Herzen der Fuggerstadt hat schon viele Wendungen genommen. Ende Juni soll der Stadtrat einen Projektbeschluss fassen zur Entwurfsplanung für Bauteil II des Projekts, den Neubau eines kleinen Hauses und ein Betriebsgebäude.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Am Montagabend informierte die Stadt deshalb zum aktuellen Baustand. Die Stadtratsmehrheit aus CSU und Grünen werden die nicht durch den Baustellenfilm, sondern durch allgemeine Baupreissteigerungen befürchteten höheren Kosten durchwinken. Augsburg aber plagt nun wieder die Diskussion, wo das Geld in der ärmsten Stadt Bayerns an anderer Stelle fehlen wird, bei Schulen, im Nahverkehr, bei einem dringend benötigten römischen Museum.

Dabei sieht sich die Stadt bislang auf Kurs, Baureferent Merkle spricht sogar von "einer Punktlandung". Die Sanierung des großen Hauses und die beiden Neubauten kommen momentan auf 302 Millionen Euro Baukosten. Die Stadt hat in regelmäßigen Besprechungen mit dem Theater und beteiligten Fachleuten in jüngster Zeit noch einmal fünf Millionen Euro an Baukosten eingespart, etwa durch eine abgespeckte Unterkellerung. Warum auch Merkle davon spricht, dass der endgültige Preis auf 340 Millionen Euro klettern könnte, liegt an den derzeit unkalkulierbaren Preissteigerungen.

Die bisherige Kostenschere von bis zu 321 Millionen Euro Baukosten ging von jährlichen Preissteigerungen von fünf Prozent aus. Nun sind die durchschnittlichen Baupreise im vergangenen Jahr wegen des Baubooms und der Corona-Krise um durchschnittlich 14 Prozent gestiegen.

Niemand weiß, das sagen auch die von der Stadt beauftragten externen Controller, wohin diese Entwicklung führen wird. Zumal sich die Bauzeit um ein Jahr verlängert, weil der Vertrag mit einem Fachplanungsbüro aufgelöst werden musste, das die vereinbarten Leistungen nicht liefern konnte. Und weil die Umplanungen zur Kostenoptimierung bei den Neubauten dauerten. Jede weitere Verzögerung wird sich wiederum auf die Kosten niederschlagen. Wobei Merkle am Montag wiederholt betonte, dass der Freistaat 75 Prozent der förderfähigen Kosten übernehme, was am Ende etwa die Hälfte der Gesamtkosten ausmachen werde.

"Einen großen Wurf" erkennt Intendant André Bücker in den Plänen für das Augsburger Staatstheater: "Da wird die Stadt lange Freude daran haben." (Foto: Stadt Augsburg)

Man könne am Ende aber froh sein, wenn es überhaupt bei rund 350 Millionen Euro bleiben werde, klagen nun Kritiker wie Stadtrat Dirk Wurm von der Augsburger SPD. "Leider tritt das ein, was wir seit Jahren befürchtet haben", sagt Wurm. Aus seiner Sicht hätte man vor Jahren den SPD-Vorschlag einer dauerhaften Nutzung der Interimsspielstätten wenigstens ernsthaft prüfen müssen, um sich die Kosten für einen Neubau direkt am Staatstheater zu sparen. Wurm kritisiert, dass der Stadtrat nun im Juni einen Beschluss für den Bauteil II mit einem Volumen von 175 Millionen Euro fassen soll, ohne abzusehen, welche anderen Projekte dann noch im nächsten Haushalt abgebildet werden können. "Da wird zwar keiner zugeben wollen, dass es am Theater liegt. Aber es wird dann bei dem einen oder anderen Vorhaben heißen, dafür sei kein Geld da."

Kulturreferent Jürgen Enninger dagegen nennt ein neues Theater im Zentrum einen "Kristallisationspunkt in der Stadt", auch wenn nun einiges an der ursprünglichen Planung abgespeckt wurde. Auch Intendant André Bücker nennt die Pläne "einen großen Wurf". "Da wird die Stadt lange Freude daran haben." Es sei kein Geheimnis, dass er sich die Fertigstellung schneller gewünscht habe. Das große Haus aber sei von der Planung her großartig, die Entwürfe für das Betriebsgebäude machen aus seiner Sicht Sinn. Das neue kleine Haus mit seinem Multifunktionssaal und hexagonalen Zuschauerraum nennt Bücker in seiner Form sogar "einzigartig, es ist auf alle erdenklichen Arten bespielbar, nicht nur für das Staatstheater". Es lade geradezu zum Experimentieren ein. "Dann haben wir ein kulturelles Zentrum im Herzen der Stadt, das momentan auf so schlimme Weise brachliegt."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusLandwirtschaft
:"Wie es weitergehen wird, weiß keiner"

Die Preise für Lebensmittel steigen so schnell wie noch nie. Doch bei den Landwirten in Erding kommt nichts davon an. Viele bangen jetzt um ihre Existenz.

Von Gerhard Wilhelm

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: