Augsburg:Privatschule soll Staat betrogen haben

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  • Einer privaten Ausburger Akademie wird vorgeworfen, mit falschen Angaben übermäßige Zuschüsse erschlichen zu haben.
  • Wenn sich der Verdacht erhärtet, könnte sie ihre Betriebsgenehmigung verlieren.
  • Das ist nicht der einzige Konflikt, der an der Schule schwelt.

Von Anna Günther, Augsburg

Die Augsburger Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei haben am Donnerstagmorgen mehrere Stunden lang die Geschäftsräume der privaten Hermann-Schmid-Akademie (HSA) in Augsburg und die Wohnhäuser des Geschäftsführers sowie seiner Tochter, der Prokuristin, durchsucht. Die Ermittler gehen unter anderem dem Verdacht nach, ob die Verantwortlichen den Staat um Geld betrogen haben.

Mit falschen Daten soll versucht worden sein, höhere staatliche Zuschüsse zu bekommen als der Akademie mit ihren fünf Privatschulen zustehen. Die Augsburger Staatsanwaltschaft bestätigte, dass es um den Verdacht des Subventionsbetrugs geht. Zur Höhe der Schadenssumme wollte der Sprecher nichts sagen. Die Prokuristin wollte sich am Donnerstag nicht äußern.

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Der Durchsuchung war ein monatelanger interner Streit vorausgegangen, der damit endete, dass Lehrer und Eltern den Geschäftsführer und die Prokuristin der Akademie anzeigten. Zunächst drehte es sich um die Verwendung von Spendengeldern im Förderverein der HSA: Eltern werden um monatliche Spenden gebeten, zusätzlich zum Schulgeld. Antworten darauf, was mit den Spenden passiere, gab die Prokuristin allerdings nicht, sagt HSA-Betriebsratschef Hermann Kick.

In der Folge mussten Kinder kritischer Eltern die Schule verlassen, ebenso die Realschuldirektorin. Der Augsburger Allgemeinen hatte die Prokuristin damals gesagt, dass die Spenden in die Schule flössen. Das könnten Finanzamt, Wirtschaftsprüfer und Banken überprüfen, sie sehe aber nicht ein, einzelnen Spendern detaillierte Einblicke zu geben. Kick sei misstrauisch geworden und habe Einsicht in die Schulstatistik genommen, sagt er. Dabei habe er Unregelmäßigkeiten entdeckt. So seien Klassen beim Staat angemeldet, im Lauf des Jahres aber zusammengelegt worden. Die Zuschüsse pro Klasse liefen allerdings unverändert weiter. Außerdem hatte die Geschäftsführung offenbar mehr Lehrerstunden angemeldet als geleistet worden waren. Damit hätte der Staat womöglich Stunden bezuschusst, die nicht stattgefunden haben.

Zu der Akademie gehören neben der Realschule auch zwei Berufsfach- und eine Wirtschaftsschule. Privatschulen werden mit Zuschüssen zu Ausstattung und Gehältern großteils vom Staat finanziert.

Acht Kollegen hätten nach Kicks Entdeckung ebenfalls ihre Daten eingesehen, sagt er, bei fast allen habe es Differenzen zwischen gemeldeten und geleisteten Stunden gegeben. Und es gab weitere Unregelmäßigkeiten: So habe der Staat bei seiner Betriebsratskollegin Georgia Klein eine Altersermäßigung bezuschusst, sie dürfte also bei vollem Gehalt weniger arbeiten. Sie aber sagt, ihre Stunden seien nie reduziert worden. Seit Monaten stellt sich für Eltern und Lehrer also die Frage, wo das Geld hinfließt. Zufriedenstellende Antworten habe die Geschäftsführung nie gegeben, sagt Betriebsrat Kick.

Sollte sich der Verdacht auf Subventionsbetrug bestätigen, könnte die Akademie ihre Betriebsgenehmigung verlieren. Die Betriebsräte Kick und Klein könnten nicht nachvollziehen, sagen sie, dass die Verantwortlichen vom Freistaat nicht kontrolliert wurden - und dass eine Überprüfung nach der Genehmigung einer Privatschule gar nicht vorgesehen ist. Die HSA besteht seit 25 Jahren.

Eine Überprüfung der Schule hat es in all den Jahren nicht gegeben

In der Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Harald Güller (SPD) heißt es, dass die "Schulaufsicht davon ausgehen darf, dass die Genehmigungsvoraussetzung weiterhin erfüllt ist", solange keine "wesentliche Änderung angezeigt wurde oder sich sonst keine ersichtlichen Anhaltspunkte für eine Änderung ergaben". Im Klartext: Wenn Privatschulen von sich aus keine Veränderungen melden, prüft die Schulaufsicht nicht nach.

Kick nennt das einen Skandal. "Hier geht es um Millionen an Steuergeldern", sagt er. Im aktuellen Doppelhaushalt bezuschusst der Freistaat die gut 1300 privaten Schulen mit 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Die Privatschulen seien verpflichtet, der Schulaufsicht wesentliche Änderungen zu melden, heißt es dazu aus dem Kultusministerium. Darauf würden Schulträger im Genehmigungsverfahren explizit hingewiesen. Aber wenn sie es nicht tun, scheint das offenbar nicht aufzufallen. Anhaltspunkte für eine Prüfung hatte Kick der Regierung von Schwaben schon 2016 geliefert, als er schon einmal einen Widerspruch bei seinen Stunden entdeckte. Die HSA-Betriebsräte und ihre Kollegen fühlen sich vom Ministerium und der schwäbischen Bezirksregierung im Stich gelassen. Seit Monaten verwiesen die Behörden auf die jeweils andere.

Nicht nur der Betrugsverdacht löst Aufregung an den Schulen aus. Die Stimmung ist ohnehin schlecht. So streiten einige Lehrer mit der Geschäftsführung seit Monaten über ihre Gehälter. Der Schulträger soll einige Lehrer so schlecht bezahlen, dass dies ebenfalls Konsequenzen für die Betriebserlaubnis haben könnte. Diese kann Privatschulen laut Grundgesetz entzogen werden, wenn die "wirtschaftliche Stellung der Lehrer nicht genügend gesichert ist". Als Maßstab gilt, dass ein Privatschullehrer nicht deutlich weniger als 80 Prozent dessen verdienen darf, was ein gleichrangiger staatlich angestellter Lehrer bekommt.

Davon seien einige Lehrer der Akademie weit entfernt, sagt Betriebsrätin Klein. Sie etwa komme ihren Berechnungen zufolge nur auf 66 Prozent dessen, was eine staatlich angestellte Lehrerin verdient.

Bei dem Thema kritisieren die Lehrer nicht nur die Geschäftsführung, sondern auch die Regierung von Schwaben und das Ministerium als Schulaufsicht. Diese müsste die Verträge der Lehrer mit solch drastischen Abweichungen prüfen. Die Regierung von Schwaben allerdings verweist auf eine Verordnung aus dem Ministerium, wonach andere Maßstäbe an die Gehälter angelegt würden. Das Kultusministerium bestätigt zwar die Gültigkeit der 80-Prozent-Regel, ihre "Funktion" sei es aber nicht, die gleiche Bezahlung zu gewährleisten. Sie diene nur als "Orientierungslinie". Zu den laufenden Ermittlungen wollte sich der Ministeriumssprecher nicht äußern.

© SZ vom 15.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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