Augsburg:OB Gribl hat Ärger wegen Fußball-Dauerkarten

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  • Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl steht in der Kritik, weil er auf Kosten des FC Augsburgs dessen Spiel in Liverpool besucht hat.
  • Juristisch ist das kein Problem, allerdings ist der Umstand moralisch umstritten.
  • Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter war als Wirtschaftsreferent schon mal in einer ähnlichen Situation.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Darf sich ein Stadtoberhaupt vom örtlichen Fußballverein zwei VIP-Dauerkarten schenken lassen? Und darf es sich von dem Klub zu einem Europa-League-Auswärtsspiel einladen lassen? Diese Frage beschäftigt derzeit das politische Augsburg. Denn Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) war Ende Februar auf Kosten des FC Augsburg nach England gejettet, um im legendären Anfield-Stadion dem Match gegen den FC Liverpool beizuwohnen. Zudem stellt ihm der Klub zum Nulltarif zwei Gratis-Saisontickets für die Ehrentribüne zur Verfügung. Gribl nutzt diese Karten nach eigenen Angaben, um mit seiner Frau oder anderen Begleitern die Spiele zu besuchen - zum Repräsentieren der Stadt, wie er sagt.

Bevor Gribl die Angebote annahm, hatte er dies von der Stadtverwaltung prüfen und vom Stadtrat absegnen lassen. Die Stadträte gaben ihm - in nicht-öffentlicher Sitzung - offenbar mit großer Mehrheit grünes Licht. Juristisch ist Gribl damit also auf der sicheren Seite. Aber ist es auch moralisch einwandfrei und politisch feinfühlig?

Warum der Fall noch etwas brisanter ist

Diese Frage muss sich Gribl gefallen lassen, nicht zuletzt, weil die Stadt im Jahr 2015 den FCA großzügig von seiner Verpflichtung befreit hat, sein Stadion mit einer Fassade zu versehen. Dazu war der Klub eigentlich laut Baugenehmigung verpflichtet. Doch der Klub bat um Nachsicht, weil er das Geld lieber in starke Fußballerbeine investieren wollte statt in schöne Bauverkleidungen. Der Stadtrat drückte beide Augen zu und ersparte dem FCA damit hohe Ausgaben.

Dass der Klub nun, ein Jahr später, das Stadtoberhaupt großzügig mit Tickets beschenkt, ist für so manchen Fan wohl das Normalste der Welt. Auch dem FCA ist kaum ein Vorwurf zu machen, sondern eher zu gratulieren: Ihm ist mit dem schicken Ticketpaket eine taktische Meisterleistung gelungen, die Bayern-Trainer Pep Guardiola mindestens als "super-super" bezeichnen würde. Schließlich schadet es nicht, sich den OB als obersten Fan der Stadt gewogen zu halten.

Aber weniger fußballbegeisterte Menschen könnten freilich einen Skandal wittern. OB Gribl findet die geschenkten Karten allerdings "überhaupt nicht verwerflich". Es werde von einem Oberbürgermeister sogar "erwartet, dass er die Kontakte zum Verein und zu Vertretern der Wirtschaft und Gesellschaft pflegt", argumentiert Gribl. Ober er dies aber unbedingt auf Kosten des FC Augsburg machen muss? Für diese Aufgabe müsse die Stadt nicht auch noch etwas zahlen, sagt Gribl.

Münchens OB Reiter war früher schon in einer ähnlichen Situation

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte 2013 ähnliche Schlagzeilen gemacht: Damals war er als Wirtschaftsreferent der Stadt vom FC Bayern zum Champions-League-Endspiel ins Londoner Wembley-Stadion eingeladen worden - inklusive Flug, Hotel, und Einlass zum Festbankett.

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Der FC Bayern spendierte Münchens Wirtschaftsreferent Dieter Reiter Ticket, Flug und Hotel für das Champions-League-Finale in London, obwohl städtische Mitarbeiter keine Geschenke annehmen dürfen. Doch das kümmert den SPD-Oberbürgermeisterkandidaten nicht, im Gegenteil.

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Es war für den bekennenden FCB-Fan sicherlich ein unvergessliches Erlebnis, das ihn auch nach der Rückkehr noch lange beschäftigte. Die Staatsanwaltschaft prüfte, ob der Straftatbestand der Vorteilsnahme erfüllt war, der Stadtrat und die Medien diskutierten den Trip mit großer Ausdauer.

Der damalige OB Christian Ude hatte die Reise genehmigt und anschließend auch wortreich verteidigt. Am Ende fanden die Staatsanwälte keinen Anfangsverdacht, dennoch wurden die städtischen Vorschriften für derartige Präsente verschärft. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer saßen damals in London auf der Tribüne, aber ihre Büros hatten zumindest die Reisekosten selbst gezahlt.

Was der Nürnberger Oberbürgermeister dazu sagt

Noch mal ganz anders ist die Situation in Nürnberg: Erstens ist der 1. FC Nürnberg als Noch-Zweitligist ein bisschen weit entfernt von Europa-League-Spielen. Zweitens sitzt Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) im Aufsichtsrat des Vereins. Und drittens gehört das Stadion der Stadt. "Die Stadt hat sich im Mietvertrag etwa zwei Dutzend Dienstkarten vorbehalten", verrät Maly. Diese nutze auch er, obwohl er als Aufsichtsrat Anspruch auf ein eigenes Ticket hätte.

Im Übrigen finde er durchaus, "dass es auch zu den repräsentativen Aufgaben eines OB gehört, sich bei seinem Verein sehen zu lassen". Fußball sei "ebenso Teil unserer Alltagskultur wie das Volksfest, das Theater, Märkte oder Messen und viele andere Ereignisse, denen wir beiwohnen". Das klingt einleuchtend, aber muss sich ein beiwohnender OB tatsächlich auch noch Ticket und England-Flug vom Verein spendieren lassen? "Diese Frage beantworte ich Ihnen gerne", sagt Maly, "wenn sich der Fall beim Club stellt."

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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