Asyl:Afghanin darf Ausbildung beginnen - nach einem Jahr des Wartens

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Der Gasthof Adler in Ziemetshausen - hier wird die junge Frau nun ihre Ausbildung absolvieren. Ihr Chef braucht sie dringend. (Foto: privat)

Die Behörden wollten sie nach Ungarn abschieben. Jetzt kann die junge Frau doch bleiben und in der Gastronomie arbeiten.

Von Nina von Hardenberg, Augsburg

Im Februar wäre Madina A. fast nach Ungarn abgeschoben worden. Die 22-jährige Afghanin saß schon im Streifenwagen auf dem Weg zum Flughafen. Nun darf sie doch bleiben und eine Ausbildung in einem Gasthaus bei Augsburg beginnen: "Diese Ausbildung ist für mich momentan sehr gut. Das sind sehr nette Leute", sagt sie in erstaunlich fließendem Deutsch, das sie in den letzten Monaten gelernt hat. Und dann: "Ich habe fast ein Jahr auf die Ausbildungserlaubnis gewartet."

Diese sinnlos vergeudete Zeit ärgert auch ihren neuen Chef Jan Hiller: "Seit einem Jahr hätte sie eine Ausbildung machen und von ihrer eigenen Arbeit leben können", sagt er. Mitarbeiter sucht der Besitzer des Gasthofs Adler in Ziemetshausen dringend. Seit drei Jahren schon habe sich bei ihm kein Azubi mehr für den Service beworben. Seine Frau stehe allein mit einigen Aushilfskräften hinter der Theke.

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Der Fall der jungen Afghanin, die abgeschoben werden sollte, obwohl sie sich selbst eine Ausbildungsstelle gesucht hatte, ist einer von vielen, die immer wieder auch bayerische Unternehmervertreter gegen die Politik aufbringen. "Ich weiß nicht, was los ist bei uns", sagt die ehemalige Leiterin des Bereichs Bildung bei der IHK Schwaben, Josefine Steiger, die sich auch für Madina A. eingesetzt hatte. "Jeder zweite Betrieb in Schwaben konnte in diesem Jahr seine Ausbildungsplätze nicht besetzen, fast 40 Prozent der Betriebe haben nicht mal eine Bewerbung gekriegt." Trotzdem schiebe man motivierte und talentierte junge Leute ab.

Rechtlich gesehen handelten die Behörden im Fall von Madina A. zunächst korrekt. Zwar bestand nie Zweifel, dass die Familie Schutz braucht. Der Vater hat für die Nato gearbeitet. Nach der Machtübernahme durch die Taliban drohte ihm Lebensgefahr. Die Eltern, Madina A. und drei weitere Geschwister retteten sich in eine Maschine, die sie nach Budapest ausflog. Von dort flohen sie weiter nach Deutschland, wo bereits ein älterer Sohn lebt. Da sie aber über Ungarn in die EU eingereist waren, ist auch Ungarn für ihr Verfahren zuständig. Dorthin sollten sie zurück. Für Madina A., die bereits volljährig ist, lief ein eigenes Verfahren. Im Februar sollte sie also allein nach Budapest abgeschoben werden.

Ein Eilantrag des Münchner Anwalts Franz Bethäuser verhinderte dies in letzter Minute. Die Bundespolizei dürfe nicht nach Ungarn abschieben, argumentierte er. Das Land sei wegen Mängeln im Asylsystem bereits mehrmals vom EuGH verurteilt worden, erklärt er der SZ. Das Gericht gab ihm recht. Aufgrund von systemischen Mängeln im ungarischen Asylsystem hielt es eine Abschiebung nach Ungarn für unzulässig.

Der Petitionsausschuss beriet zu ihrem Fall

Für Madina A. ist dieses Urteil eine große Chance. Nun nämlich klagt ihr Anwalt darauf, dass ihr Asylantrag erneut in Deutschland geprüft wird. Solange dieses Verfahren läuft, darf sie arbeiten und auch eine Ausbildung beginnen.

Zwar ließ sich die Regierung von Schwaben mit der Genehmigung Zeit, so dass sich zwischenzeitlich auch der Petitionsausschuss des Landtags mit dem Fall befasste. Nun ist die Genehmigung da. Und wer in Deutschland eine Ausbildung macht, darf danach in der Regel auch bleiben.

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