Affären um Ex-Landrat Kreidl:Sparkasse fordert Millionen zurück

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Üppige Spenden, überzogene Geschenke und unzulässige Käufe: Die Sparkasse Miesbach fordert Schadensersatz von Jakob Kreidl. Ein Bericht hält dem Ex-Landrat aus Oberbayern minutiös seine Fälle von Selbstbedienung vor. Doch die Vorwürfe richten sich nicht nur gegen ihn.

Auf den Miesbacher Ex-CSU-Landrat Jakob Kreidl und weitere frühere Führungskräfte der Miesbacher Kreissparkasse kommen jetzt Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe zu. Das ergibt sich aus einem Bericht, den das Innenministerium am Mittwoch dem zuständigen Landtagsausschuss vorlegte.

In diesem werden vor allem Kreidl als Ex-Verwaltungsratschef und dem früheren Vorstandsvorsitzenden Georg Bromme minutiös die zahlreichen Fälle von Selbstbedienung vorgehalten und klare Rückforderungen des Geldinstituts aufgestellt. Bei Kreidl beläuft sich die Gesamtsumme auf 1,7 Millionen Euro und bei Bromme sogar auf 4,3 Millionen.

Die Abrechnung des Innenministeriums mit dem Ex-Landrat und dem früheren Manager fiel überdeutlich aus. Ministerialdirigent Michael Ziegler listete mehr als eine halbe Stunde lang die Vorwürfe gegen beide auf und wertete die meisten als "unzulässig" und "grob pflichtwidriges Verhalten". Dann nannte er die jeweils bis auf den Cent berechneten fünf- bis siebenstelligen Schadenssummen.

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Dabei bleibt der Fall, der Kreidl letztlich die Wiederwahl als Landrat gekostet hat, sogar unberücksichtigt. Bei der Feier zu seinem 60. Geburtstag, die zum größten Teil von der Sparkasse bezahlt worden war, sprächen zwar "gewichtige Gründe dafür, dass die Kostenübernahme . . . nicht mehr angemessen und daher unzulässig war". Die Anwälte der Sparkasse bezweifelten aber, ob dies nachgewiesen werden könne. Kreidls Fest hatte 118 000 Euro gekostet.

Überzogene "Gelegenheitsgeschenke"

In anderen Fällen geht es dafür Schlag auf Schlag. Unzulässige Geldspritzen für Immobilienprojekte, die Übernahme von Reisekosten für Kreidl und Amtskollegen "mit touristisch geprägtem Programm", Einladungen zu Jagdausflügen und zweifelhafte Feiern: Auf 34 Seiten listet der Bericht zahlreiche Verstöße auf. Gegen Bromme richten sich dabei noch mehr Vorwürfe als gegen Kreidl. Manche waren bisher noch gar nicht bekannt.

So erhielten Vorstände und Verwaltungsräte jahrelang überzogene "Gelegenheitsgeschenke" von der Sparkasse. So seien 121 000 Euro durchgereicht worden. "Die beschenkten Organmitglieder hätten erkennen müssen, dass Geschenke von erkennbar unangemessen hohem Wert nicht rechtmäßig sein können", schreiben die Prüfer.

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Bei den Rückforderungen dürfte es sich allerdings um theoretische Maximalsummen handeln, weil für sie auch zum Teil auch frühere Vorstands- und Verwaltungsratskollegen haftbar zu machen sein dürften und außerdem vorhandene Sachwerte gegengerechnet werden müssen.

So schlagen bei den Rückforderungen auch der Kauf einer Alm und der Bibliothek im Tegernseer Schloss durch die Sparkasse mit 1,65 Millionen beziehungsweise 1,76 Millionen Euro zu Buche. Beide versucht die Sparkasse derzeit wieder zu veräußern. Eventuelle Einnahmen daraus müssten mit den Forderungen an Kreidl und Bromme verrechnet werden.

In der Sitzung war das Entsetzen auch bei der CSU deutlich spürbar. Die Fraktion ist am Rande mitbetroffen von Kreidls und Brommes Aktivitäten, weil die Sparkasse ein Eisstockschießen der Abgeordneten sponsorte. In dem Bericht wird das aber als minder schwerer Fall ohne Konsequenzen gewertet. Es handele sich um einen "ausführlichen Bericht, der uns, glaube ich, alle relativ sprachlos lässt", sagte CSU-Ausschusschef Florian Herrmann.

"Wirklich krass und unglaublich"

Sein Parteifreund Norbert Dünkel sprach von einer "unglaublichen Saldierung von Vorgängen, wo jegliche Ethik im Umgang mit Geld, das einem nicht gehört, fehlt". Eva Gottstein (Freie Wähler) sah einen "Sumpf, der sich hier auftut", Peter-Paul Gantzer (SPD) bedankte sich für den "knackigen Bericht", und Jürgen Mistol (Grüne) wertete alles als "wirklich krass und unglaublich".

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Auch in Miesbach ist das Entsetzen über das Ausmaß der Selbstbedienung nach wie vor groß. Der neue Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak, der auch neuer Verwaltungsratschef der Sparkasse ist, versicherte abermals, "dass wir weiter alles tun, um die Vorgänge lückenlos aufzuklären". Sparkassenchef Martin Mihalovits sagte: "Für unser Haus geht es um viel Geld. Wir werden alles daran setzen, unsere Forderungen durchzusetzen."

Das Innenministerium bestätigte auch, dass sich die Sparkasse nun endgültig von ihrem Ex-Chef Bromme getrennt hat. Seit seinem Ausscheiden vom Vorstandsvorsitz Ende März 2012 hatte Bromme noch einen Beratervertrag inne, dotiert mit 8300 Euro im Monat. Die Sparkasse hat den Vertrag inzwischen gleich mehrmals gekündigt. Bromme ließ alle Vorwürfe durch seinen Anwalt strikt zurückweisen.

"Wir freuen uns auf die kommende Auseinandersetzung", sagte der Anwalt. "Jetzt ist Schluss mit den Geheimermittlungen des Staatsapparats, nun kommt alles auf den Tisch. Das wird ein richtiges Schlierseer Bauerntheater." Ex-Landrat Kreidl war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

© SZ vom 02.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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