Corona-Pandemie:Ärzte rudern bei 3-G-Regel zurück

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In das Wartezimmer einer Praxis sollten nur geimpfte, genesene oder getestete Patienten dürfen. So wollten es einzelne Ärzte. Doch das änderte sich wieder. (Foto: Ute Grabowsky/imago/photothek)

Manche Mediziner in Bayern wollten nur noch Geimpfte, Genesene und Getestete in ihren Praxen behandeln. Doch die Reaktionen auf die verschärften Zugangsregeln fallen heftig aus.

Von Dietrich Mittler, Friedberg

Es war ein Versuch, die Patienten im Wartezimmer, das Praxisteam und natürlich auch sich selbst effektiver vor Corona zu schützen: Einige Ärzte im Freistaat wollten dem Beispiel großer Krankenhäuser folgen und nur noch jenen Patientinnen und Patienten Eintritt in ihre Praxis gewähren, die geimpft, genesen oder getestet sind. Bundesweite Recherchen des Bayerischen Rundfunks hatten ergeben, dass es sich dabei zwar um eine Minderheit handele - doch Einzelfälle seien es auch nicht. Die Reaktionen auf die verschärften Zugangsregelungen waren jedoch stellenweise so heftig, dass die betroffenen Ärzte diese nun wieder zurücknehmen beziehungsweise entschärfen. "Die Anfeindungen sind zum Teil sehr persönlich", heißt es etwa aus einer orthopädischen Praxis im schwäbischen Friedberg.

Der dort am Eingang angebrachte Hinweis "Zutritt und ärztliche Behandlung nur nach 3G-Regelung" ist mittlerweile wieder entfernt. Ein neues laminiertes Blatt wurde angebracht. "Wir bitten unsere Patienten nun, die 3G-Regelung auf freiwilliger Basis einzuhalten", sagte einer der Ärzte am Mittwoch auf Nachfrage. Der Shitstorm im Internet - per E-Mail oder auch auf Foren - habe ein Ausmaß angenommen, "das jetzt nicht unbedingt jeder gerne hat", hieß es dazu. Dabei habe die Praxis selbst angeboten, einen Schnelltest zu machen.

Vertragsärzte haben eine Behandlungspflicht

Angesichts der öffentlichen Empörung über den erschwerten Zugang zu einigen Arztpraxen hat sich auch das Gesundheitsministerium in München klar positioniert. Ärztinnen und Ärzte könnten zwar theoretisch erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für die Räumlichkeiten ergreifen. "Den Patientinnen und Patienten den Zugang zur Arztpraxis nur nach der 3-G-Regel zu erlauben, ist in Arztpraxen aber grundsätzlich nicht möglich", erklärte ein Sprecher. Nur in begründeten Einzelfällen dürften Patienten abgewiesen werden.

Auch seitens der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) gab es deutliche Worte: Vertragsärzte hätten eindeutig eine Behandlungspflicht für gesetzlich versicherte Kassenpatienten. Schon deshalb sei es fraglich, "ob sich eine Anwendung von 3 G aus dem Hausrecht ableiten lässt". Ganz anders sehe das natürlich bei Privatärzten aus: Ausgenommen von Schmerz- und Notfällen seien diese nicht verpflichtet, Patienten zu behandeln.

Dass manche Ärzte im Freistaat den Besuch einer Praxis über die 3-G-Regel sicherer machen wollten, führt ein Sprecher der KVB vor allem darauf zurück, dass seit Anfang September statt einer FFP2-Maske von Patienten beim Arztbesuch nur noch eine OP-Maske getragen werden musste. Viele Praxen hätten darauf so reagiert, dass sie spezielle Sprechzeiten für jene Patientinnen und Patienten eingerichtet hätten, die nicht geimpft sind. "Die werden dann im Zweifelsfall auch durch Ärztinnen und Ärzte im Schutzanzug behandelt", hieß es.

Persönliche Schutzausrüstung sei möglich

Maßnahmen wie diese sieht auch das bayerische Gesundheitsministerium als gerechtfertigt an. Es gebe ja durchaus Situationen, "bei denen der besondere Schutz der eigenen Gesundheit der Ärztinnen und Ärzte, ihrer Praxismitarbeiter oder von Patientinnen und Patienten im Vordergrund steht". Denkbar seien in solchen Fällen etwa persönliche Schutzausrüstungen oder "zusätzliche Sprechstunden für ungeimpfte und ungetestete Patientinnen und Patienten, um deren Versorgung zu gewährleisten".

Als in Bayern erste Fälle bekannt wurden, in denen Ärzte den Zugang zur Praxis über die 3-G-Regelung steuern wollten, reagierten die Grünen im Landtag umgehend. "Jedem Menschen stehe eine ärztliche Behandlung zu - auch jenen, die nicht gegen Corona geimpft sind", sagte Christina Haubrich, die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Andererseits sei es sinnvoll, in Arztpraxen durch angebotene kostenlose Tests mehr Sicherheit für dort ebenfalls behandelte Risikopatienten zu schaffen. Geradezu dankbar griff die AfD das 3-G-Thema auf. Ein solches Verhalten, "sollten tatsächlich Ärzte diesen Schritt wagen", richte sich "gegen die ethischen Prinzipien ihres Berufsstandes und den Hippokratischen Eid", hieß es.

Einige Ärzte in Bayern lassen sich indes auch durch derart markige Worte nicht beeindrucken. Per Anrufbeantworter weist etwa eine Augenarztpraxis im Münchner Stadtteil Pasing nach wie vor darauf hin: "Zutritt in unsere Praxis haben nur geimpfte, genesene und getestete Personen. Bitte behalten Sie den entsprechenden Nachweis an der Anmeldung bereit."

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