Unter Bayern:Kerzen am Traditionstetraeder

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Vielleicht entschleunigt ja wenigstens das Paradeiserlbasteln. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Wenn ein Adventskranz zu viel Stress macht, hilft vielleicht ein Paradeiserl. Aber wenn, dann bestenfalls wegen des Namens. Denn auch für ein Paradeiserl wird es höchste Zeit!

Glosse von Matthias Köpf

Noch ist fürs Paradeiserl nicht alles zu spät. Gut, der Paradeiserlbastelkurs im Bauernhofmuseum Jexhof bei Fürstenfeldbruck war schon am Freitag. Passende Anregungen gibt es inzwischen aber auch im Internet, und das ist ja praktisch eine Grundvoraussetzung dafür, dass das Paradeiserl nicht nur eine lange Vergangenheit gehabt haben wird. Ein paar Tage sind ja noch Zeit. Schließlich ist es immer noch nicht Advent.

Während die kirchenamtliche Vorweihnachtszeit im vergangenen Jahr ihr mögliches Maximum von 28 Tagen erreicht hat, pressiert es heuer in den minimalen 22 Tagen nämlich recht mit der Besinnlichkeit. Jetzt mal ganz unabhängig davon, dass streng kalendarisch gleich am ersten Dezember auch das erste Schokostück hinter dem Türchen hervorzufingern ist: Der vierte Advent ist immer der letzte Sonntag vor Weihnachten. Sobald am Adventskranz das vierte Lichtlein brennt, ist es in diesem Jahr wegen Heiligabend auch gleich schon höchste Zeit, den Christbaum anzuzünden oder besser nur die Christbaumkerzen oder - noch sicherer - den Stromkreis mit den Leuchtdioden zu schließen.

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Im Gegensatz zum gewöhnlichen Countdown, nach dem es erst so richtig losgeht, steuert so ein adventlicher Countup mit 24 Türchen und vier Kerzen aber auf etwas zu, das die ehemalige Fastenzeit vor Weihnachten für viele längst nicht mehr zu bieten hat: endlich Ruhe von all den Shoppingtouren, betrieblichen Weihnachtsfeiern, vorgezogenen Krippenspielen, Musikschulkonzerten, Adventsbasaren und Glühwein-Exzessen, nach denen manche selber so dicht sind wie sonst nur der Dezember. Und der diesjährige halt besonders. Auch Chorsänger und Stubnmusikanten hetzen von Einsatz zu Einsatz.

Ein Paradeiserl hilft da trotz des Namens auch nicht viel. Ganz im Gegenteil: So ein Tetraeder mit jeweils einem echten oder stilisierten Apfel plus Kerze an jeder Ecke war in Altbayern mal so etwas wie der Vorgänger des Adventskranzes, der angeblich erst im 19. Jahrhundert vom evangelischen Theologen Johann Hinrich Wichern erfunden worden ist. Doch auf beiden brennen die Kerzen unerbittlich. Vielleicht entschleunigt ja wenigstens das Paradeiserlbasteln. Ein paar Tage ist noch Gelegenheit. Die Zeit läuft!

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