Abstimmung:Fünf plus X

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Die Farben sind jetzt andere und die Leute teilweise auch. Dennoch will die FDP an alte Zeiten anknüpfen und wieder in den Bundestag einziehen. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die kleinen Parteien in Bayern rüsten sich für den Bundestagswahlkampf. Die FDP will wieder hinein, die AfD diesmal über die Hürde. Grüne und Linke wollen bleiben und Hubert Aiwanger meint, dass er es alleine schaffen könnte

Von Johann Osel und Lisa Schnell, München

In den vergangenen vier Jahren fristete die FDP in Bayern ein wenig beachtetes Dasein. Seitdem sie 2013 aus Landtag und Bundestag geflogen ist, erregten die Liberalen noch kurz Interesse, als sie den bis dahin politisch unbekannten Münchner Unternehmer Albert Duin zum Landesvorsitzenden wählten und dann - Funkstille. Mit der bevorstehenden Bundestagswahl hat die FDP die Chance, aus der Bedeutungslosigkeit aufzusteigen. Im Moment erreicht sie in Umfragen etwa fünf Prozent und würde damit knapp in den Bundestag einziehen.

Wen die Partei aus Bayern nach Berlin schicken will, bestimmt sie am 25. März bei ihrem Parteitag in Bad Neustadt an der Saale. Generalsekretär Daniel Föst soll auf Vorschlag des Landesvorstands die Liste anführen. Um alle anderen Plätze ist die Konkurrenz groß, da es niemanden gibt, der sein Mandat verteidigt. Auf praktisch jedem Listenplatz würden drei Leute antreten, sagt Landeschef Duin.

"Bei uns wird das reinste Chaos ausbrechen, so wie sich das gehört", prophezeit er. Manche beschweren sich, die Aufstellungsversammlung hätte schon viel früher stattfinden sollen. Jetzt bliebe zu wenig Zeit für den Wahlkampf. Duin ficht das nicht an. Auch von Proporz hält er nichts. Die Besten sollten nach Berlin, ob aus Franken oder Oberbayern, sagt er.

Nur drei der zuletzt 14 ehemaligen Bundestagsabgeordneten treten noch einmal an: der Forchheimer Architekt Sebastian Körber auf Platz zwei der Liste, Stephan Thomae aus dem Allgäu auf Platz drei und der Münchner Jimmy Schulz auf Platz vier. Die anderen hätten ihre Lebensplanung geändert oder sähen bei sich eine gewisse Mitschuld für den Absturz der FDP, sagt Duin.

Unter den Kandidaten sind auch der frühere Haushaltsexperte der Landtagsfraktion Karsten Klein und Katja Hessel, ehemals Wirtschaftsstaatssekretärin, sowie Juli-Chef Lukas Köhler und Ex-Telekom-Manager Thomas Sattelberger. Nach den jetzigen Umfragen könnte die Bayern-FDP etwa sechs Abgeordnete nach Berlin schicken. Duin strebt 9,5 Prozent an und damit zehn Mandate. Er hofft, die FDP werde in den bevorstehenden Landtagswahlen gut abschneiden und damit Schwung bekommen für die Bundestagswahl.

Die bayerischen Grünen haben ihre Liste längst abgestimmt, die von Claudia Roth und Anton Hofreiter angeführt wird. Im dritten Anlauf schaffte es die ehemalige Landtagsfraktionsvorsitzende Margarete Bause in die Reihung, von Platz neun aus versucht sie, vom Landtag in den Bundestag zu wechseln.

Die Freien Wähler (FW) haben ihre Aufstellungsversammlung ebenfalls hinter sich. Im Gegensatz zu dem harten Konkurrenzkampf bei Grünen und Liberalen, lief sie recht entspannt ab. FW-Chef Hubert Aiwanger führt wie schon 2013 die Liste an. Damals kamen die FW auf ein Prozent, jetzt strebt Aiwanger zwei bis drei Prozent an. Und wenn sie damit auch in den Umfragen namentlich genannt würden, dann sei es von drei bis fünf Prozent nicht mehr weit, lässt Aiwanger seiner Fantasie freien Lauf.

Über ihren Bundespräsidentenkandidaten, den TV-Richter Alexander Hold, hätten die FW bundesweit ein Tor aufgestoßen. Hold werde die Partei im Wahlkampf weiter unterstützen, so Aiwanger. Am liebsten wäre es ihm, wenn Hold auch für den Bundestag antrete. Am besten auf einer Landesliste im Norden Deutschlands. Bis jetzt hält sich Hold aber noch bedeckt. Aiwanger hofft, dass es für ihn selbst - wenn nicht über die Liste - vielleicht über ein Direktmandat klappt.

Schon lange im Bundestag, aber nicht im bayerischen Landtag ist die Linke. Die Ingolstädterin Eva Bulling-Schröter tritt nicht mehr an. Die Liste wird vom ehemaligen Parteichef Klaus Ernst angeführt, gefolgt von Nicole Gohlke, der Neueinsteigerin Susanne Ferschl und Harald Weinberg. Der Landesverband hofft, sein Ergebnis von 3,8 Prozent bei den letzten Bundestagswahlen auf fünf Prozent verbessern zu können. Seit November seien 250 Menschen in Bayern eingetreten, sagte Linken-Sprecher Ates Gürpinar. Die Linke profitiere davon, dass durch den SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz das Thema soziale Gerechtigkeit wieder im Mittelpunkt stehe.

Bei der Bundestagswahl 2013 war die Alternative für Deutschland knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die Liste für die kommende Bundestagswahl stellt die bayerische AfD nun in drei oder mehr Mitgliederversammlungen auf, die erste ist an diesem Wochenende in Greding. Aufwendig, doch im Sinne der Basisdemokratie seien alle Mitglieder stimmberechtigt, nicht nur Delegierte, heißt es bei den Rechtspopulisten. Für die Plätze eins und zwei der Liste bewerben sich Landeschef Petr Bystron und der Wirtschaftspublizist Peter Boehringer; Chancen dürften zudem diejenigen haben, die schon Direktkandidaten sind. "Die, die ihre Nase in den rauen Wind halten und zeigen, dass sie was für die Partei tun", hört man in der AfD. Seit Monaten sind im Freistaat Direktkandidaten als Vortragsredner bei Veranstaltungen anderer Kreisverbände zu Gast.

Als Favoriten für sehr prominente Listenplätze gelten in der Partei unter anderem Peter Felser (Kempten) und Katrin Ebner-Steiner (Deggendorf). Felser tat sich zuletzt mit den Themen Mittelstand und Landwirtschaft hervor, Ebner-Steiner mit Familienpolitik und Sorge vor Überfremdung. Nach derzeitigen Umfragen könnte ein knappes Dutzend der bayerischen AfD-Leute in den Bundestag einziehen.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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