Verkehrsregeln:Das Tempolimit auf Landstraßen muss deutlich sinken

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In Frankreich ist bald nur noch Tempo 80 erlaubt. Deutschland sollte diesem Vorbild folgen. Denn mehr als die Hälfte aller Verkehrstoten gibt es auf Landstraßen.

Kommentar von Peter Fahrenholz

Bei manchen politischen Reizthemen ist es so gut wie unmöglich, das Für und Wider sachlich abzuwägen, ohne damit sofort einen Glaubenskrieg auszulösen. In Deutschland gehört die Frage des Tempolimits auf den Straßen dazu. Wer als Politiker einen, wie man das heute nennt, Shitstorm auslösen möchte, braucht bloß eine Verschärfung der Geschwindigkeitsbeschränkungen zu fordern. Oder gar als größten Sündenfall die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen, das es sonst überall in Europa längst gibt. Der letzte, der das angeregt hatte, war im Jahr 2013 SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er wurde vom damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück sofort zurückgepfiffen.

Jetzt kommt der nächste Anstoß für eine neue Tempolimit-Debatte aus Frankreich. Die Regierung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron führt für Landstraßen Tempo 80 ein (statt wie bisher Tempo 90, ein Tempolimit auf Autobahnen gibt es dort natürlich auch). Begründet wird das mit der hohen Zahl der Verkehrstoten.

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Ach, tönt es sofort aus Deutschland, das brauchen wir nicht, bei uns ist die Zahl der Verkehrstoten ja rückläufig. Tatsächlich wird es in Deutschland im Jahr 2017 wohl die wenigsten Verkehrstoten seit Bestehen der Bundesrepublik geben. Ein Grund, sich zurückzulehnen ist das aber nicht. Im Jahr 2016 kamen in Deutschland insgesamt 1853 Menschen, mehr als die Hälfte aller Verkehrstoten, auf Landstraßen ums Leben. Häufigste Unfallursache: überhöhte Geschwindigkeit. Es gäbe also gute Gründe, auch hierzulande über eine Absenkung der Höchstgeschwindigkeit von derzeit Tempo 100 auf Tempo 80 auf Landstraßen nachzudenken. Und gleichzeitig auch auf Autobahnen dem Beispiel der Nachbarländer zu folgen und ein allgemeines Limit einzuführen.

Entsprechende Versuche hat es in Deutschland immer wieder gegeben, sie wurden von der Autolobby, einem Kartell aus Industrie, Verbänden und politischen Kräften stets abgeschmettert. Auf besonders skurrile Weise hat Franz Josef Strauß das einmal in den 1980er-Jahren geschafft. Der CSU-Chef fuhr an einem Sonntag in einem Selbstversuch mit Tempo 100 auf der Autobahn und berichtete tags darauf in der Vorstandssitzung seiner Partei fröhlich, unzählige Fahrer hätten ihn überholt und ihm dabei einen Vogel gezeigt. Damit war das Thema für längere Zeit wieder vom Tisch.

Ein Tempolimit ist kein Anschlag auf die Freiheit

Die Tempolimit-Gegner haben ihr Glaubensbekenntnis in den Slogan "Freie Fahrt für freie Bürger" gekleidet, ein in mehrfacher Hinsicht absurder Spruch. Denn zum einen kann von freier Fahrt angesichts der immensen Verkehrsdichte ohnehin nur noch selten die Rede sein. Und zum anderen hat Freiheit nichts mit einem Recht auf grenzenloses Rasen zu tun.

Ein Anschlag auf die Freiheit wäre das Tempolimit auch deshalb nicht, weil schon jetzt für viele Abschnitte auf Landstraßen und Autobahnen Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten, mal wegen der Sicherheit, mal zum Lärmschutz, mal zur Schadstoffverminderung. Wer viel in Nachbarländern wie Österreich und der Schweiz unterwegs ist, wo es Tempolimits für alle Straßenarten gibt, die auch scharf kontrolliert werden, wird das Autofahren dort als viel entspannter erleben. Und das Freiheitsgefühl wird davon auch nicht beeinträchtigt.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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