Renault traut sich was. Der neue Scénic rollt auf riesigen 20-Zoll-Rädern ins Bild, macht auf der Straße eine blendende Figur und ist technisch weitgehend auf Höhe der Zeit. Bahn frei für einen Beau, der es nicht leicht hat gegen die Übermacht der Crossovers.
BMW und Mercedes sollten sich schämen. Dafür, dass Renault ihnen vormachen muss, wie hübsch raumfunktionale Konzepte aussehen können. Gegen den neuen Scénic, daran besteht kein Zweifel, wirken der 2er Active/Gran Tourer und die B-Klasse dröge und altbacken. Der Kompaktvan aus der Feder von Laurens van den Acker ist dagegen nicht nur ein zu heiß gewaschener Espace. Das liegt auch an den serienmäßigen XXL-Rädern. 20-Zöller für ein Auto, das in der Basisversion mit dem kleinsten Benziner für 19 900 Euro zu haben ist? Renault bezieht die markanten Gummis im i3-Look von drei verschiedenen Herstellern (Conti, Goodyear, Michelin) und verspricht, die um 25 Prozent höheren Reifenkosten durch die um ein Viertel längere Lebensdauer zu neutralisieren.
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Der Federungskomfort bleibt erhalten
Der ungewöhnlich proportionierte Radsatz fährt sich kaum weniger komfortabel als die zuvor verbauten 16-Zöller. Die in Längsrichtung optimierte Aufstandsfläche, das stattliche Luftvolumen und der große Felgendurchmesser bieten in Verbindung mit dem verbindlich abgestimmten Fahrwerk ein Maß an Geschmeidigkeit, das sich auch durch Querrinnen, Schlaglöcher und Spurrinnen nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt.
Der Scénic II reagiert prompt auf Lenkbefehle, bleibt bei Seitenwind richtungsstabil und baut selbst in nassen Kurven erstaunliche Querkräfte auf. Schwächen? Die 20-Zöller rollen in Verbindung mit dem kurzen Radstand auf manchem Belag hölzern ab, die ABS-Impulse bei einer Vollbremsung sind verdächtig entspannt getaktet, und das rasante Anfahren bei Nässe weckt in der Vorderachse den Poltergeist. Verstelldämpfer und Allradantrieb gibt es nicht.
Ein Übungsgelände für Schlangenmenschen
Die Scénic-Silhouette suggeriert ein lichtes Ambiente mit viel Bewegungsfreiheit auf allen Plätzen, doch dieser Eindruck täuscht. Hinten geht es nämlich enger zu als bisher, die dritte Sitzreihe im Grand Scénic ist ein Übungsgelände für Schlangenmenschen, die Plastiktabletts an den Rückseiten der Vordersitze schmälern die Beinfreiheit im Fond, das asymmetrisch geteilte und in der Länge verschiebbare Gestühl in Reihe zwei macht den schmalen Mittelplatz auch nicht kommoder.
Was fehlt, ist ein Grand Scénic Initiale mit zwei superbequemen hinteren Einzelsitzen, diversen Konsolen und Riesenkofferraum. Auch ein Schiebedach wäre nett, ein zugänglicheres Bediensystem, ein besser ablesbares Head-up-Display und ein paar Quadratzentimeter weniger schwarzes Hartplastik.
Die Motoren üben sich in Bescheidenheit. Die 1,2-Liter-Benziner leisten 115 und 132 PS, sind mit 190 und 205 Newtonmetern ziemlich schwach auf der Brust und machen den Scénic zwangsweise zum defensiven Gleiter. Die drei Diesel mobilisieren 110, 130 und 160 PS, wobei vor allem das Top-Aggregat mit seinen 380 Nm nichts anbrennen lässt. Die Normverbräuche der Selbstzünder liegen zwischen 3,9 und 4,5 Litern, beide Benziner konsumieren einheitlich 5,8 l/100 km. Als einzige Maschine ist der 160-PS-Diesel aufpreisfrei mit einem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe zu haben. Als einzige Variante beschleunigt der DCI 160 in unter zehn Sekunden von 0 auf 100 km/h und ist über 200 km/h schnell.
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Der eine ist agil und funktionell, der andere geräumig und komfortabel: Völlig zu Recht präsentiert sich Renault so selbstbewusst wie lange nicht mehr.
Hybrid Assist heißt das sparsamste Modell der Palette, das nur 3,5 l/100 km verbrauchen soll, was einer CO₂-Emission von 91 g/km entspricht. Doch selbst mit dem 1300 Euro teuren Hybrid-Assist-Paket kann der Spar-Scénic weder emissionsfrei kriechen noch elektrisch ein- oder ausparken. Das schafft er erst zum Facelift mit Hilfe der dann elektrisch angetriebenen Hinterachse. Eine Version mit Elektroantrieb ist nicht vorgesehen.
Der Scénic hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck
Zum Aufpreis von 1300 Euro bietet der 23 Zentimeter längere Grand Scénic entweder ein noch größeres Stauabteil (718 statt 506 Liter) oder Platz für sieben Personen, die allerdings nur mit kleinem Gepäck (189 Liter) reisen sollten. Das Basismodell rollt mit Stahlfelgen, Stockhandbremse, konventionellen Instrumenten, MP3-Radio und einem Mini-Display mit Bluetooth-Anschluss und Streaming-Funktion vom Band. Am anderen Ende der Skala lockt das Bose-Top-Modell mit diversen Assistenzsystemen, nobleren Oberflächen und mehr Luxus in Form von Massagesitz und großem Farbdisplay.
Der neue Scénic hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Er fährt gut, bremst souverän, ist komfortabel und sparsam. Die großen Räder sind ein klares optisches Plus ohne gravierende funktionelle Nachteile. Doch das Raumkonzept überzeugt nur bedingt, denn in den Reihen zwei und drei geht es vergleichsweise eng zu, auch der Sitzkomfort ist kein Grund zum Jubeln. Wenn Scénic, dann bitte den Grand als Mild Hybrid mit großem Navi, Zweifarb-Lackierung und LED-Licht. Diese Variante hat Platz, Stil und dieses lässige Ambiente, das weder SUV noch Kombi oder Limousine für sich in Anspruch nehmen können.