Urbane Mobilität:Das Rad der Weisen

Neue Konzepte für die urbane Mobilität der Zukunft - Stadtplaner und Bürgermeister setzen auf das Fahrrad.

Thomas Becker

Klaus Bondam ist ein entspannter Zeitgenosse. Dabei hat er gerade gewaltigen Stress hinter sich und gleich auch wieder vor sich. Kopenhagen-Barcelona-Kopenhagen, und das für einen einstündigen Vortrag in einem kleinen Konferenzraum. Was für eine miserable CO2-Bilanz.

Smarte Wende Fahrrad Mobilität

Guter Plan: Mietfahrräder, eigene Fahrspuren für Radler, Car-Sharing und Elektroautos sollen unter anderem helfen, den Autoverkehr in den Städten zu minimieren - so wie hier in Amsterdam

(Foto: Pressinform)

Aber Bondam darf das, ausnahmsweise. Denn er hat der Welt schon so viel CO2-Ausstoß erspart, dass er auch mal sündigen darf. Er tut es für einen guten Zweck, letztlich für das Weltklima, sorgt sozusagen mit seiner nachmittäglichen Wahnwitz-Ökobilanz für weniger Autoverkehr in den Städten. Und das, indem er über seine Arbeit redet: Von 2006 bis 2009 war Bondam Bürgermeister für Technik und Umwelt in Kopenhagen und maßgeblich daran beteiligt, dass sich die dänische Kapitale zum Musterbeispiel für eine klimafreundliche und menschengerechte Stadt entwickelte.

Der Begriff "Copenhagenize" ist zu einem Synonym für die Entwicklung lebenswerterer Städte geworden. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Schaffung einer fahrradgerechten Infrastruktur als Lösung für die Verkehrsproblematik in Großstädten. Insofern ist Bondam beim Mobililitätskongress des Pedelec-Herstellers Kalkhoff in Barcelona genau richtig.

Denn auch die katalanische Metropole hat das Problem aller schnell wachsenden Städte: zu wenig Platz für zu viele Autos. Ein Fluss im Norden, einer im Süden, im Westen die Berge und im Osten das Meer. Ergo kein Platz zum Wachsen, und doch strömen immer mehr Menschen in die City - natürlich mit dem Auto.

Die zentrale Frage aller Stadtplaner lautet also: Wie bewegen wir uns künftig, und das nachhaltig? Dass angesichts von Klimawandel und drohendem Verkehrsinfarkt in den Großstädten urbane Mobilitätskonzepte und ganzheitliches Systemdenken nötig sind, daran besteht kein Zweifel mehr. Und dass selbst im Autoland USA ein Politiker namens David Chiu 2011 mit einer konsequenten Pro-Fahrrad-Kampagne fast Bürgermeister von San Francisco geworden wäre, beweist, dass die Renaissance des Rads in der Stadt längst begonnen hat.

Deutschland ist ein gutes Beispiel für diese Entwicklung. Call-a-Bike und ähnliche Angebote, Fahrräder zu mieten, boomen, die Radständer an den Bahnhöfen sind voll bis auf den letzten Platz. 82 Millionen Deutsche besitzen laut Statistischem Bundesamt 42 Millionen Autos - und 73 Millionen Räder. Jedes Jahr werden 2,9 Millionen Neuwagen und 4,5 Millionen neue Räder verkauft.

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