Hochmotiviert und stets begleitet von dämlichen Sprüchen nimmt die Gruppe rund um SZ-Redakteur Sebastian Herrmann (links) am ersten April-Wochenende die Flandernrundfahrt in Angriff. Hobbyfahrer dürfen am Tag vor dem Profirennen von Antwerpen aus 237 Kilometer und etwa 2000 Höhenmeter in Richtung Südwesten bis Oudenaarde fahren.
Herrmann nutzte die Veranstaltung für den Härtetest eines neuen Rennrades: Das Specialized Roubaix Pro Di2 musste sich bei Regen, Matsch und schlechtem Straßenbelag beweisen. Und natürlich an den sogenannten Hellingen - 16 Hügel, auf denen teilweise enorme Steigungen auf höchst ruppigem Kopfsteinpflaster gefahren werden.
Um die Strapazen zu erleichtern, verfügt das Rad über eine Dämpfung am Vorderrad. Das Federelement ist in den Vorbau integriert und lässt bis zu zwei Zentimeter Federweg am Lenker zu. Auch die Sattelstütze und die ungewöhnlich weit unten am Sattelrohr angebrachte Stützklemmung geben gut nach und schlucken Stöße weg. Das Rad ist für diese Fahrt außerdem mit 28 Millimeter breiten Reifen ausgerüstet - technische Details, die es fast zu einem Komfortrennrad machen.
Während des Rennens wechselte das Metallic-Blau des Specialized-Rennrades weniger zu Diddl-Maus-Lila, sondern eher zu Straßenschmutz-Braungrau.
Andere Radler müssen mit weniger komfortablen Rennrädern Vorlieb nehmen. Die haben jedoch andere Vorteile gegenüber dem Specialized Roubaix Pro Di2: Sie sind oft leichter als die mehr als acht Kilogramm schwere Rennmaschine. Und billiger. Das Roubaix Pro Di2 kostet 6499 Euro.
Die Räder bleiben nachtsüber natürlich nicht im Auto, sondern der ambitionierte Rennradler hat sein Sportgerät immer "am Mann". Oder zumindest im Hotelzimmer.
Für die Fans ist die Flandernrundfahrt ein Großereignis, ein Volksfest und ein Grund, viel Bier zu trinken und Fritten zu essen. Beides ist in Belgiens Kultur schließlich tief verankert.
Für die Mitglieder unserer Radlerreisegruppe gibt es die kulinarische Belohnung erst nach dem Rennen, das in diesem Jahr mit reichlich "Klassikerwetter" (Regen), "belgischer Zahnpasta" (mit Sand und Staub versetztes, von den Reifen aufgewirbeltes Spritzwasser) und "belgischem Makeup" (Schlamm im Gesicht) geprägt ist.
Am nächsten Tag findet das Profirennen bei deutlich besserem Wetter statt. Tausende Zuschauer finden sich in Antwerpen ein, um der Startzeremonie des Eintagesklassikers beizuwohnen.
Die Radprofis Tiesj Benoot (Belgien; links) und Cyril Lemoine (Frankreich) an der Mauer von Geraardsbergen, auf der die Steigung fast 20 Prozent beträgt. Am Koppenberg, dem berühmtesten der Hellinge, erreicht sie sogar einen Maximalwert von etwas mehr als 22 Prozent. Das befindet sich scharf an der Grenze zum Fahrbaren.
Die entscheidende Szene des Rennens: Der Slowake Peter Sagan (links), amtierender Weltmeister und Topfavorit auf den Sieg, bleibt an der Jacke eines Zuschauers hängen, als er sehr nah an der Streckenbegrenzung entlang fährt. Im Moment des Sturzes können die Belgier Greg Van Avermaet (rechts) und Oliver Naesen nicht mehr ausweichen und kommen ebenfalls zu Fall. Die Aufholjagd des Trios wird dadurch unsanft gestoppt.
So fährt Philippe Gilbert (links) dem Sieg entgegen. 55 Kilometer vor dem Ziel startet der Belgier seine Solofahrt und wird nicht mehr eingeholt. Greg Van Avermaet, eines der Sturzopfer, wird immerhin Zweiter. Auf Rang drei landet Niki Terpstra aus den Niederlanden. Gelangen Sie hier wieder zurück zum Text über den Selbstversuch unsere Autoren, die Flandernrundfahrt zu bezwingen.