Der Unterhaltungswert eines kollektiven Fahrradabenteuers besteht zu wesentlichen Teilen darin, dass sich feine Gelegenheiten zum Sprücheklopfen ergeben. Wenn das Ereignis darüber hinaus mit Tradition und Anspruch verknüpft ist, potenziert das nicht nur die Neigung zum Frotzeln sondern auch die sportliche Herausforderung. Die Jedermann-Radrunde am Tag vor der Flandernrundfahrt in Belgien bietet die denkbar besten Voraussetzungen in allen Kategorien: Regen, Matsch, Kopfsteinpflaster, steile Anstiege und aufgekratzte Mitstreiter.
Die Rundfahrt, erstmals ausgetragen 1913, zählt zu den sogenannten Monumenten des Radsports, es ist eines der bekanntesten Eintagesrennen überhaupt. Hobbyfahrer dürfen am Tag vor dem Profirennen, das am ersten April-Wochenende stattfand, von Antwerpen aus 237 Kilometer und etwa 2000 Höhenmeter in Richtung Südwesten bis Oudenaarde fahren.
Zum Start in Antwerpen gegen 7.30 Uhr am Morgen beginnt es zu regnen. "Klassikerwetter", sagt einer der Mitfahrer und grinst. Ein Standardspruch. Immer wenn es im Frühjahr regnet und ein Rennrad involviert ist, steigt die Chance, dass jemand "Klassikerwetter" ruft. An diesem Tag handelt es sich um engagiertes Klassikerwetter, schon bei Kilometer 11,4 von 237 fließt das Wasser als Strom in Richtung Ferse oder Zehen, sobald die Füße in den Pedalen schräg gestellt werden. In großen Gruppen radeln die mehreren tausend Teilnehmer der Ausfahrt raus aus Antwerpen und weiter durch die Ebene im Norden Belgiens. Das Tempo ist zügig, aber im Rudel rollt es einfach leichter. Doch im Windschatten zu fahren bedeutet an diesem Tag, eine extra Dusche zu nehmen: Vom Hinterrad des Vorausfahrenden spritzen Wasser und Matsch ins Gesicht der Fahrer dahinter.
Nach einer halben Stunde knirscht es zwischen den Zähnen, der Sand und der Staub von der Straße haben es mit dem Spritzwasser in den Mund geschafft. "Belgische Zahnpasta", sagt einer der Mitfahrer. Noch ein Klassikerspruch und bei der zweiten Verpflegungspause folgt der nächste: Die Gesichter der Radfahrer sind vom Spritzwasser eingesaut und vom Schlamm verfärbt. "Belgisches Makeup", sagt einer. Das muss außer den Teilnehmern niemand lustig finden, doch beim Fahren und Labern macht das Spaß.
Zwischen Metallic-Blau und Diddl-Maus-Lila
Auch das Testfahrrad provoziert Sprüche der Mitfahrer. Insbesondere die auffällige Lackierung des Specialized Roubaix Pro Di2, die der Hersteller mit der Bezeichnung "Satin Gloss Chamäleon Black" versehen hat. Es handelt sich um ein sehr sattes Metallic-Blau, das sich in ein Diddl-Maus-haftes Lila verwandelt, sobald das Licht oder der Blick schräg auf den Rahmen fallen. Die Lackierung ist geil und geschmacklos zugleich und regt die Reisegruppenmitglieder zu vielfältigen Kommentaren an.
Die schwarze Aufbewahrungslösung für Mini-Werkzeug und Ersatzschlauch findet ebenfalls Beachtung. Die Staubox sitzt direkt über dem Tretlager, ist ein höchst praktisches Detail und löst weitere Nachfragen aus: Ob das Rad denn mit einem Elektromotor ausgestattet sei?