Flugreise:Nüsschen oder nix

Lesezeit: 2 min

Aber bitte ohne Fleisch, Milch und Gluten: Essenswünsche im Flugzeug stellen das Personal vor große Herausforderungen. (Foto: Sid10/Imago/Panthermedia)

Seit Fluglinien Spezialmenüs anbieten, scheint Chaos an Bord zu herrschen. Geht es nach den Flugbegleitern, soll wieder Schluss sein mit den Sonderwünschen.

Glosse von Stefan Fischer

In der ohnehin ziemlich großartigen Verfilmung des Wolf-Haas-Krimis "Der Knochenmann" gibt es diese herrliche Szene: Josef Hader in der Rolle des Privatdetektivs Brenner betritt ein Restaurant, wird aber nicht weiter beachtet. Also pampt er den Wirt in sarkastischem Ton an: Hier sei der Gast wirklich mal der König. Daraufhin antwortet der von Sepp Bierbichler gespielte Wirt seelenruhig: "Das ist ein Wirtshaus, kein Gasthaus."

Nun ist ein Flugzeug erst einmal weder das eine noch das andere, sondern vor allem ein Transportmittel. Eines mit großer Reichweite allerdings. Weshalb es zwar auf einem Flug von Berlin nach Rom angehen mag, dass man den Passagieren ein Tütchen Erdnüsse anbietet nebst zwei Schlucken Cola oder Kaffee - und gut ist's. Aber auf Transatlantikrouten genügt ein bisschen Knabberzeug nicht.

Wer acht oder zehn Stunden an Bord ist, braucht zwischendurch eine warme Mahlzeit. Schon deshalb, weil Passagiere sonst noch schneller und zahlreicher alkoholisiert sind als ohnehin. Erst dieser Tage musste wieder ein Flugzeug auf dem Weg nach New York zwischenlanden, um zwei so trunkene wie aggressive Passagiere verhaften zu lassen. Beim Speisenangebot indes stellt sich durchaus die Frage nach dem Selbstverständnis einer Fluggesellschaft. Also danach, wer die Krone aufhat - der Gast oder der Wirt?

"Chicken or pasta?" war lange Jahre die Standardfrage der Flugbegleiterinnen an die Passagiere, dutzendfach gestellt in zehn Kilometer Flughöhe. Wer in einer der hintersten Reihen saß, hatte mitunter nicht einmal diese eingeschränkte Wahl, weil entweder das Huhn oder die Nudeln bereits aus waren. Das klingt insgesamt mehr nach Wirtshaus.

Kolumne "Hin & weg"
:Privatjet für 35 Dollar

In Los Angeles kann man jetzt die perfekte Kulisse fürs Angeber-Selfie mieten.

Glosse von Stefan Fischer

Irgendwann hat sich die Sache jedoch gedreht, Passagiere haben seither mehr Auswahl. Die Frage ist längst nicht mehr allein: Fleisch oder Nicht-Fleisch? Die Lufthansa zum Beispiel hat ein knappes Dutzend Optionen im Angebot: ein veganes Menü etwa, ein koscheres, ein natriumarmes sowie ein glutenfreies. Buchbar 24 Stunden vor Abflug. Eindeutige Tendenz also: Gasthaus.

Und weil Gäste grundsätzlich fürchterliche Rechte haben, wie jeder gute Gastgeber weiß, nutzen sie dieses breitere Angebot nach Kräften. Hundert Spezialmenüs seien auf Langstreckenflügen inzwischen Standard, berichtet die "Personalvertretung Kabine" der Lufthansa. Was wie in jeder schlecht geführten Wirtschaft auch an Bord zu Chaos zu führen scheint: Niemand weiß, welches Essen an welchem Platz serviert werden soll.

Die Personalvertretung schlägt deshalb nun dreierlei vor: nur noch eine begrenzte Zahl an Sondermahlzeiten auszugeben, die Auswahl auf religiös oder gesundheitlich erforderliche Varianten zu beschränken und einen Aufschlag für derlei Sonderwünsche zu verlangen. Das würde bedeuten: Wer vegan essen möchte, hat schlichtweg Pech. Wer Speisen möchte, die koscher oder halal sind, bekommt solche zwar, muss aber, bloß weil er Jude oder Moslem ist, mehr fürs Essen bezahlen als ein Christ oder Atheist. Das wäre die Sonnenkönig-Variante von Wirthaus.

Stefan Fischer ist kein Freund von Heldenverehrung. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusUrlaub in Europa
:Unsere Reiseziele für 2024

Südtirol, Mallorca, Provence - zweifellos wunderschön. Aber Europa hat auch unbekanntere Ecken, die faszinieren. 14 Tipps, die garantiert noch nicht alle kennen.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: