Elektromobilität beim Camping:Laden mit einem Gespann? Oft ist das gar nicht möglich

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Ein Schild weist auf eine Ladesäule für Elektrofahrzeuge hin. Wer mit dem Caravan im Schlepptau unterwegs ist, kriegt beim Laden unter Umständen Probleme. (Foto: Jan Woitas/dpa)

ADAC-Technikexperte Markus Sippl erklärt, warum viele Camping-Freunde sich schwertun mit dem Umstieg auf die Elektromobilität.

Von Marco Völklein

Wer mit einem Campinganhäger und einem Elektroauto in den Urlaub fahren wollte, der hatte es bislang nicht einfach. Für viele Stromer wurde erst gar keine Anhängerkupplung offeriert oder sie boten nicht genügend Anhängelast, auch die Reichweite der meisten E-Autos war zu gering dafür. Doch das ändert sich allmählich, wie eine aktuelle Studie des ADAC zeigt. Fragen dazu an Markus Sippl, den Leiter Fahrzeugtechnik bei Europas größtem Automobilclub.

SZ: Herr Sippl, fragen viele Camper bei Ihnen nach, welches E-Auto für ihre Zwecke geeignet ist?

Markus Sippl: Ja, das Interesse ist durchaus vorhanden. In den vergangenen Jahren allerdings war das Angebot extrem überschaubar. Die meisten Elektroautos boten keine oder nur eine sehr geringe maximale Anhängelast, sodass Besitzer eines Wohnanhängers damit nichts anfangen konnten.

Und das ändert sich nun?

Definitiv. Wir haben dazu kürzlich eine große Übersicht veröffentlicht. Demnach gibt es nun ein halbes Dutzend Elektroautos, die auch mit Anhängelasten von 1800 Kilogramm und mehr gut zurechtkommen. Das ist für ein Wohnwagen-Gespann ganz ordentlich.

Manche Wohnwagen sind ja sogar noch schwerer.

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Ja, aber auch für die verbessert sich nach und nach das Angebot. Das Model X von Tesla zum Beispiel erreicht eine Anhängelast von etwas mehr als zwei Tonnen, beim BMW iX sind es sogar 2,5 Tonnen.

Nehmen die Hersteller also somit neue Nutzergruppen ins Visier?

Ich denke, dass die Hersteller bislang ganz andere Probleme zu lösen hatten, vor allem das der Reichweite. Nun rücken auch andere Felder in den Fokus.

Aber auch ein schwerer Caravan am Haken drückt auf die Reichweite...

Das stimmt, auch bei einem Verbrenner kann man davon ausgehen, dass ein Anhänger den Verbrauch um maximal das Doppelte steigert. Legt man diesen Wert an ein Elektroauto an, dann verringert sich die Reichweite mit einem Wohnanhänger entsprechend um bis zur Hälfte. Mittlerweile aber sind die Reichweiten der Elektrofahrzeuge so gewachsen, dass man auch mit einem Caravan am Haken Strecken von 250 bis 300 Kilometern wird zurücklegen können. Das ist aus unserer Sicht schon recht passabel.

Markus Sippl leitet seit 2010 den Bereich Fahrzeugtechnik beim ADAC. (Foto: ADAC)

Das Problem ist aber, dass auch Gespann-Fahrer unterwegs aufladen müssen. Und das ist mitunter knifflig.

In der Tat, das ist ein heikles Thema. An vielen Autobahn-Raststätten zum Beispiel sind die Ladesäulen so platziert, dass man zwar mit einem Elektro-Pkw gut hinkommt und mit dem Heck oder mit dem Frontgrill voran an die Säule heranrangieren kann. Mit einem Gespann aber ist das nicht möglich.

Außer man koppelt den Hänger ab und stellt ihn ein paar Meter weiter ab...

Richtig, aber das ist extrem aufwendig. Wir würden uns daher von den Betreibern der jeweiligen Ladeinfrastruktur wünschen, dass sie zum Beispiel mehr "Durchfahrladestationen" errichten, bei denen auch Caravanfahrerinnen und -fahrer bequem laden können. Positiv ist immerhin, dass unserer Wahrnehmung nach mittlerweile immer mehr Betreiber von Campingplätzen erkennen, dass es da eine Nachfrage gibt - und ihre Plätze mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge nachrüsten.

Und was ist mit elektrisch angetriebenen Reisemobilen? Tut sich da etwas?

Nur sehr langsam und in Trippelschritten. Es gibt mittlerweile zwar immer mehr elektrisch angetriebene Transporter für den Bereich der innerstädtischen Kurierdienste zum Beispiel - und da haben diese Fahrzeuge ja absolut ihre Daseinsberechtigung. Für den Reisemobilisten eignen sich diese aber bislang noch nicht.

Die sind noch zu teuer?

Das zum einen, ja. Und sie bieten zum anderen bislang nur eine vergleichsweise geringe Reichweite. Wer sich aber ein Wohnmobil kauft, der will damit ja zuallererst verreisen - und auch lange Strecken zurücklegen. Von daher wird es wohl noch eine Weile dauern, bis die Hersteller entsprechende Fahrzeuge mit realistischen Reichweiten von 300 Kilometern oder mehr anbieten werden.

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